„Wer den Kunden am besten kennt, bietet die besten Lösungen“ – Dr. Kai Morgenstern über Energiegründer und ihre Potenziale

Die Zeiten sind vorbei, in denen der Energiemarkt von großen Monopolisten beherrscht wurden, die nicht von Kunden sondern von Meßstellen gesprochen haben. Startups identifizieren spezielle Kundensegmente und bedienen sie mit genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten. Kai Morgenstern ist Experte beim RKW Kompetenzzentrum für Gründungen im Energiebereich.

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Die Zeiten sind vorbei, in denen der Energiemarkt von großen Monopolisten beherrscht wurden, die nicht von Kunden sondern von Meßstellen gesprochen haben. Startups identifizieren spezielle Kundensegmente und bedienen sie mit genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten. Kai Morgenstern ist Experte beim RKW Kompetenzzentrum für Gründungen im Energiebereich.

Gründerküche: Der Energiemarkt ist nicht zuletzt durch die Impulse der Energiewende in Bewegung. Viele neue Ideen kommen von jungen Gründern. Welches Potenzial sehen Sie hier?

Dr. Kai Morgenstern: Die Energiewende bringt neben neuen Technologien gemeinsam mit der Digitalisierung vor allem auch die Gelegenheit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Hier sind Startups oft schneller als etablierte Unternehmen und können so neue Märkte durcheinanderbringen. Das sieht man zur Zeit im Heizungsmarkt: Die klassische Wertschöpfungskette bestand aus Heizungsherstellern wie Viessmann oder Vaillant, die Hardware liefern und den Installateuren, über die diese Hardware beim Kunden einbauen. Inzwischen sind Unternehmen wie Tado, die die Heizungssteuerung digitalisieren und vereinfachen oder Thermondo, die den Heizungstausch digitalisieren viel näher am Kunden und wissen mehr über ihn als das die bisher etablierten Player. Und wer den Kunden am besten kennt, kann ihm die besten Lösungen anbieten und ihn so an sich binden.

Gründerküche: Was sind vor allem die Lösungen, die Startups liefern?

Dr. Kai Morgenstern: Startups gibt es in allen Bereichen: Finanzierung, Energiedatenerfassung mit auf industrie- oder Privatkunden angepasster Hard- und Software, Speichertechnologien, Mobilitätsdienstleistungen, auch Social Startups, die Energieversorgungssysteme in Afrika aufbauen. Dabei ist es natürlich immer etwas einfacher, wenn die Umsetzung eine Idee keine Rieseninvestitionen benötigt – aber auch dafür gibt es mittlerweile Lösungen.

Gründerküche: Wieso haben Startups hier gute Chancen, sich neben den Marktriesen zu etablieren?

Dr. Kai Morgenstern: Die Energiewirtschaft war lange Zeit ein von regionalen Monopolen beherrscherter Markt, in dem z.B. nicht von Kunden sondern von Messstellen gesprochen wurde. Das ändert sich im Augenblick – unter anderem, weil Startups spezielle Kundensegmente identifizieren und sie mit genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten bedienen.

Gründerküche: Wie wird die deutsche Effizienz im Ausland wahrgenommen – sind Startups aus dem Energiewesen interessant für internationale Investoren?

Dr. Kai Morgenstern: Die Frage ist eher, ob deutsche Startups aus dem Energiewesen internationale Investoren brauchen. Viele Startups aus dem Energiebeireich verfolgen gar keine Wachstumsziele, wie wir sie immer wieder aus Silicon Valley zu hören bekommen. Sie entwickeln – gerade im Hardwarebereich – Hochtechnologielösungen und wollen Weltmarktfüher werden – aber eben in ihrer Nische. So entstehen auch heute noch die oft zitierten Hidden Champions.

Gründerküche: Was sind die Hochburgen der Energierevolution und wie schlägt sich das Gründerökosystem Rhein-Main?

Dr. Kai Morgenstern: Energiegründer finden sich in allen Regionen in Deutschland – und weil sie mit ihren Produkten selten regionale Märkte bedienen, sind sie auch nicht auf eine Region festgelegt. Mir fällt aber immer wieder Kassel auf: Dort gibt es gerade im Bereich Energie eine aktive Uni, das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES), den Wechselrichterhersteller SMA, dessen Gründer aus der Uni kamen und mit den Stadtwerken der Region auch aktive lokale Energieversorger – und gemessen an der Größe der Stadt auch viele Energiegründer. Die Rhein-Main-Region hat mit der TU Darmstadt einen Hotspot der Energietechnikentwicklung zu bieten. Darum gruppieren sich weitere Akteure wie der Climate-KIC-Standort an der Provadis-Hochschule in Höchst.

Gründerküche: Haben Startups aus diesem Markt besondere Ansprüche an Kapitalbedarf, Mitarbeiterqualifikationen etc?

Dr. Kai Morgenstern: Wir sehen immer wieder, dass Startups im Energiebereich aus der Forschung kommen oder von erfahrenen Ingenieuren gegründet werden – also ist es vor allem das Know-How der Mitarbeiter, das für Energiegründer zählt.

Gründerküche: Was also muss ein Gründerökosystem bieten, um für Energiegründer attraktiv zu sein?

Dr. Kai Morgenstern: Forschung ist wichtig und aktive, innovative Energieversorger – ich glaube für Energiegründer können gerade Stadtwerke wichtige Partner sein.

Zur Person Kai Morgenstern

Portrait_Kai-Morgenstern-webNach dem Studium der Physik und der Promotion im Bereich Klimatologie beschäftigte sich Kai Morgenstern mit Emissionen und Energieeffizienz im Bergbau sowie mit der erneuerbaren Energieversorgung von Kommunen. Seit 2012 ist er im RKW Kompetenzzentrum tätig und leitete dort bis 2014 das Projekt Energieeffizienz Impulsgespräche, das mehr als 8.000 kleine und mittlere Unternehmen zum Thema Energieeinsparung mit Querschnittstechnologien informiert hat. Danach beschäftigte er sich intensiv mit den Problemen und Herausforderungen von Energiegründern und untersucht, wie eine Zusammenarbeit von Startups und Mittelstand funktionieren kann. Êr ist beim RKW Kompetenzzentrum für die Themen Gründung in Energiebereich und Startups meet Mittelstand zuständig.

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