Unternehmensnachfolge – so klappt es mit der Übernahme einer Firma
Gut laufende Unternehmen überdauern Generationen. Die Unternehmensnachfolge ist eine ernstzunehmende Alternative zur Neugründung. In unserem Fachartikel findet ihr alle Informationen dazu.
Eine Firma aufzubauen, ist oft anstrengend, kostet Zeit, Nerven und Geld. Aber die Mühen können sich lohnen: Wer gründet, ist seine eigene Chefin oder sein eigener Chef. Ihr habt es selbst in der Hand, was ihr mit eurem Erwerbsleben anfangt. Dabei müsst ihr nicht einmal ein neues Unternehmen gründen: Wenn ihr eine Firma übernehmt, profitiert ihr von vorhandenem Know-how für Branche und Geschäft. Die Unternehmensnachfolge ist eine gute Alternative zur Neugründung. Zumal in Zeiten, in denen immer mehr Seniorchefs ihre Betriebe an Nachfolgerinnen und Nachfolger übergeben wollen.
Laut „Nachfolge-Monitoring Mittelstand“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wollen bis Ende 2021 rund 152.000 Inhaber von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ihre Firmen in die Hände der nachfolgenden Generation legen. Tendenz steigend.
Das Potenzial für die Zukunft ist also groß: Die künftige Generation von Unternehmerinnen und Unternehmen muss nicht bei Null anfangen. Ein gut gehendes Unternehmen zu übernehmen, bedeutet aber nicht, dass ihr euch ins gemachte Nest setzen könnt: Wie eine Neugründung solltet ihr auch eine Unternehmensnachfolge nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Unternehmensnachfolge – pro & contra
Die Unternehmensnachfolge hat ganz klar einige Vorteile: Wenn ihr eine Firma übernehmt, bekommt ihr in der Regel ein funktionierendes Geschäftsmodell, eingespielte Mitarbeitende und einen Kundenstamm. Ihr könnt auf vorhandenes Know-how zurückgreifen und müsst eure Firma nicht erst am Markt etablieren. Zudem ist die Finanzierung einfacher, weil Banken bewährten Geschäftsmodelle oftmals positiver gegenüberstehen.
Es gibt bei der Übernahme eines bestehendes Unternehmens auch Nachteile. Ihr seid sofort Chefin oder Chef und habt keine Zeit, in eure Führungsrolle hineinzuwachsen. Zudem „erbt“ ihr zunächst einmal alte Prozesse und Strukturen, was per se nichts Schlechtes sein muss. Allerdings kann es schwierig werden, neue Arbeitsabläufe zu etablieren. Und: So aufgeschlossen Banken der Finanzierung einer Firmenübernahme gegenüberstehen mögen, geht es dabei oft um erhebliche Summen. Eine bestehende Firma zu übernehmen, erfordert oft eine hohe Anfangsinvestition.
Vorteile Unternehmensnachfolge
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funktionierendes Geschäftsmodell
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geschulte Mitarbeitende
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vorhandene Kunden
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einfachere Finanzierung
Nachteile Unternehmensnachfolge
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sofortige Führungsrolle
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„geerbte“ Prozesse und Strukturen
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teure Finanzierung
Für wen eignet sich eine Firmen-Übernahme?
Wenn ihr ein Unternehmen übernehmen wollt, solltet ihr darauf achten, dass es zu euch passt. Ihr dürft keine Angst davor haben, Bewährtes zu behalten und müsst gleichzeitig bereit sein, die Firma innovativ nach euren Vorstellungen weiterzuentwickeln. Zu unternehmerischen Tugenden wie Mut zum Risiko, Entschlossenheit, Initiative und Verantwortung kommen bei einer Unternehmensnachfolge Fingerspitzengefühl und Balance.
Wer sich für eine Unternehmensnachfolge entscheidet, muss gleichzeitig nach vorne und in den Rückspiegel schauen!
Eine Unternehmensnachfolge eignet sich für Menschen, die sich zutrauen, Bewährtes und Innovatives miteinander zu verknüpfen. Dass ihr auf etwas Bestehendem aufbauen könnt, verschafft euch mehr Raum für das Tagesgeschäft und eigene Innovationen. Ihr steht sozusagen auf einer sicheren Basis – und solltet nicht vergessen, wer euch diesen Luxus ermöglicht: Die Menschen, von denen ihr eure Firma übernommen habt und die bereits dort arbeiten.
Das müsst ihr bei einer Unternehmensnachfolge entscheiden
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Was soll bleiben?
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Was wollt ihr verändern?
Was müsst ihr bei einer Unternehmensnachfolge beachten?
Zunächst einmal müsst ihr ein passendes Unternehmen finden, das zu euren Vorstellungen und euren finanziellen Möglichkeiten passt. Unternehmen, die einen Nachfolger suchen, findet ihr vor allem auf einschlägigen Nachfolgebörsen.
Hier geht’s zum Überblick über die besten Nachfolgebörsen.
Unternehmensnachfolgen können sich sehr unterschiedlich gestalten – in der Praxis solltet ihr deshalb für euch selbst schon im Vorfeld einige wichtige Fragen klären, wenn ihr ein Unternehmen für die Übernahme ins Auge gefasst habt. Eine gute Hilfe dabei sind die SWOT-Analyse und eventuell auch eine Analyse aus Kundensicht.
Führungsstil und Unternehmensstrukturen respektieren
Viele Unternehmer legen ihr Geschäft nur ungern in fremde Hände und bewerten ihr Unternehmen zudem häufig viel zu hoch. Die „Chemie“ zwischen abgebendem Unternehmer und Nachfolger sollte stimmen, denn bei einer Übernahme sind umfassende Vertragsverhandlungen notwendig.
„Die Unternehmensnachfolge ist ein hoch emotionaler und einmaliger Prozess. Das sollten beide Seiten: Verkäufer und Käufer, berücksichtigen. Emotionen beeinflussen den gesamten Prozess und daher empfehle ich ein konstruktives Emotionsmanagement.“, so Nachfolgebegleiter Wolf Wilder.
Digitalisierung bei der Unternehmensnachfolge
Die Digitalisierung wird gerne zu Deutschlands beliebtestem Problem gemacht. Dabei ist sie mehr Chance als Risiko, weil Prozesse schlanker und Kunden einfacher erreicht werden. Das gilt tauch und ganz besonders bei der Unternehmensnachfolge. Einer Studie der Deutschen Telekom zufolge, können digital gut aufgestellte Unternehmen ihren Umsatz um bis zu 35 Prozent steigern.
Mit einer durchdachten Digitalstrategie könnt ihr Neukunden gewinnen und euer Geschäft mit Bestandskunden ausbauen – und macht euer alteingesessenes Unternehmen fit für eine Zukunft, in der es immer wichtiger wird, Geschäftsprozesse digital abzubilden.
Genau prüfen
Bevor ihr ein Unternehmen übernehmt, solltet ihr es genau „abklopfen“. Umsätze und Gewinne zeigen meist recht gut, wie tragfähig und profitabel ein bestehendes Geschäft ist.
Wer die Entwicklungsmöglichkeiten eines Geschäfts und die Resonanz auf eigene Ideen verlässlich abschätzen möchte, sollte aber etwas tiefer blicken, sich mit Kundenstrukturen und mit dem Angebot im nahen Umfeld und der Konkurrenzsituation auseinandersetzen. Es ist sinnvoll, eine professionelle Due-Diligence-Prüfung durchzuführen oder durchführen zu lassen.
Bevor ihr in konkrete Planungen und Verhandlungen geht, solltet ihr euch auch mit den Gesetzen und Verordnungen auseinandersetzen, die für eurer Geschäft gelten.
Übrigens: Mit dem Kaufpreis der Firma ist der Finanzbedarf bei einer Übernahme noch nicht gedeckt. Es kommen noch sogenannte Abwicklungskosten (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare, ggf. Abfindungen) dazu.
Frühzeitig planen, Übergabe gut vorbereiten
Wer ein bestehendes Unternehmen als Nachfolger weiterführen möchte, muss natürlich die gleichen Voraussetzungen erfüllen, wie jemand, der neu gründet: Ein Businessplan ist Pflicht, im Falle einer Nachfolge heißt er Fortführungsplan.
Die unternehmerische Planung ist der einer Neugründung ähnlich, in einigen wesentlichen Punkten aber gibt es Unterschiede und Besonderheiten. Denn beim Fortführungsplan geht es darum, die Geschäftsidee im Zuge der Weiterführung zu beschreiben. Hier findet ihr alle Informationen über den Fortführungsplan als praktische Übersicht.
Euer Zeitplan für eine Unternehmensnachfolge sollte grosszügig bemessen sein. Nehmt euch ausreichend Zeit, das zu übernehmende Unternehmen kennenzulernen, vielleicht sogar in einer Übergangszeit gemeinsam mit dem bisherigen Betreiber. Dadurch lernt ihr Stärken und Schwächen und das Tagesgeschäft sehr gut kennen. Außerdem könnt dadurch eine bessere Verbindung zum alten Eigentümer und den Mitarbeitenden herstellen.
Experten vertrauen, Vorgänger einbeziehen, Mitarbeiter „mitnehmen“: Umstrukturierungen einzelner Bereiche können hilfreich sein, um frischen Wind in ein Unternehmen zu bringen. Ihr solltet aber nicht versuchen, eure neue Firma am ersten Tag komplett umzukrempeln.
Im Mittelpunkt eures Handelns sollte die Frage stehen: Welche Außenwirkung wollt ihr mit euren Neuerungen erreichen? Denn ihr dürft nicht unterschätzen, dass ihr auf das Vertrauen eurer Belegschaft und eurer Bestandskunden angewiesen seid, die behutsam in eine neue Ära geführt werden wollen.
Bevor ihr schließlich einen Übernahmevertrages unterschreibt, solltet ihr die Checkliste Unternehmensnachfolge abgearbeitet haben.
Einfach so weiter wie bisher – ein Konzept für Nachfolger, das mit Sicherheit nicht funktionieren wird. Zum einen habt ihr andere Vorstellungen von eurem Arbeitsablauf, eurer Aussenwirkung und sicher auch von der Art, wie ihr eure Mitarbeiter führen wollt. Zum anderen sind die meisten Abläufe eben doch an die Führungspersönlichkeit gekoppelt – es ist schlicht unmöglich, alles genauso wie der Vorgänger weiterzumachen. Ganz abgesehen davon, verschenkt ihr auch das Potenzial, das sich immer aus Veränderung ergibt.
Ergo: Ihr solltet noch während des Nachfolgeprozesses an eurer Neustart-Strategie arbeiten. Bei einer bestehenden Firma gibt es vieles zu beachten, was geändert werden könnte. Schon um euch nicht zu übernehmen, setzt Prioritäten. In aller Regel ist es vernünftig, die Aussenwirkung eurer Nachfolge für einen Boost zu nutzen. Interne Prozesse (die ja auch prinzipiell erst einmal funktionieren) solltet ihr erst einmal über eine gewisse Zeit laufen lassen, prüfen und dann anpassen.
Für die Außenwahrnehmung des Unternehmenswechsels solltet ihr euch ein klares Bild verschaffen, was ihr kommunizieren wollt. Je nach Zielgruppe (B2B, B2C, Handel, Laufkundschaft usw.) machen unterschiedliche Aktivitäten Sinn.
Wollt ihr etwa eure Laufkundschaft ganz niederschwellig auf den Unternehmerwechsel hinweisen, dann könnten schon mit kleinen Giveaways, gebrandet mit eurem neuen Logo, einiges erreichen.
Alternativ könnt ihr aber auch ein Neustart-Event mit Strahlkraft auf die Beine stellen, damit euch, euer Team und eure Vision an bestehende wie vielleicht sogar neue Kunden kommunizieren.
Die Marketing-Palette ist riesig, deshalb ist es wichtig, eine Strategie zu haben.