Generation Remote: Warum die meisten U30-Freelancer das Büro meiden

Freelancer arbeiten im Schnitt 62 % Remote-Only; bei unter 30-Jährigen sind es sogar 72 %: Das ist ein deutlicher Widerspruch zu Unternehmen, die Präsenzpflicht verhängen. Dabei strebt die Workforce nach Flexibilität.

Unternehmen wie Amazon, SAP oder die Deutsche Bank holen ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro, in der Hoffnung auf mehr Produktivität, stärkeren Teamgeist oder bessere Kontrolle. Dieses Vorgehen lässt sich nicht nur als Ausdruck unternehmerischer Pragmatik deuten, sondern könnte auch ein Indikator für wachsende autokratische Tendenzen in unserer Gesellschaft sein.

Das Bedürfnis der arbeitenden Gesellschaft zeigt in eine andere Richtung: Immer mehr Menschen wollen selbst entscheiden, wo sie arbeiten. So zeigen Studien wie Gartner HR Research, dass gerade junge Menschen vermehrt ihre Unternehmen verlassen, wenn striktere Büro-Regelungen eingesetzt werden.

Remote-Only im Freelancing bereits Alltag; bei Jüngeren sogar Norm

Auch bei freien Expert:innen zeigt sich dieser Trend deutlich. Ihre Arbeitsweise dient längst als Frühindikator für Entwicklungen, die die klassische Erwerbsarbeit verändern. Was in der Festanstellung noch diskutiert wird, ist für Freelancer gelebte Realität. Hier ist das ortsunabhängige Arbeiten bereits Standard.

So zeigt der Freelancer-Kompass 2025 von freelancermap, die größte Befragung im deutschsprachigen Raum: 60 Prozent aller befragten Freelancer arbeiten vollständig im Homeoffice, weitere 33 Prozent in hybriden Modellen. Zwei Prozent sind überwiegend als digitale Nomaden unterwegs (Workation). Nur fünf Prozent der über 3.000 Befragten arbeiten beim Kunden vor Ort.

Je jünger dabei die Freelancer, desto eher bevorzugen sie Remote-Arbeit. 72 Prozent der unter 30-Jährigen arbeiten ausschließlich remote. Bei den 31- bis 40-Jährigen liegt der Anteil bei 69 Prozent, bei den 41- bis 50-Jährigen bei 63 Prozent. Aber auch unter den über 60-Jährigen arbeitet noch mehr als die Hälfte remote (51 %). Diese Tendenz zeigt sich auch in den Ablehnungsgründen für Projekte. Hier würden 56 Prozent ein Angebot nicht annehmen, wenn es keinen Remote-Anteil enthält.

Selbstbestimmt statt fremdbestimmt

Ortsunabhängiges Arbeiten ist nicht nur Praxis, sondern auch Motiv: 48 Prozent der Befragten geben an, dass Remote-Arbeit ein Hauptgrund für ihre Selbstständigkeit war und steht damit fast gleichauf mit höherem Einkommen (53 %) oder freier Zeiteinteilung (54 %). Der Wunsch nach Kontrolle über Arbeitsort und -weise ist damit ein wesentliches Bedürfnis einer zeitgemäßen Anstellung.

Wer Talente will, muss Kontrolle abgeben

Gerade die junge Generation wünscht sich mehr Freiheit statt Bürozwang. Das betont auch freelancermap-CEO Thomas Maas: „Remote ist längst mehr als ein Arbeitsmodell, es ist ein kultureller Richtungswechsel. Wer heute Top-Talente erreichen will, muss ihnen nicht den Schreibtisch, sondern Vertrauen anbieten. Für viele Freelancer ist ortsunabhängiges Arbeiten längst zur Voraussetzung geworden, nicht zur Verhandlungssache. Unternehmen, die das nicht erkennen, werden für Freelancer aber auch junge Festangestellte immer unattraktiver“.

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