Problem-Solution-Fit für Social Startups – So erkennt ihr ein Problem und bietet mit eurem Social Entrepreneurship Unternehmen eine Lösung
Während für traditionelle Startups der richtige „Product-Market-Fit“ das wichtigste Ziel darstellt, ist für Social Startups der „Problem-Solution-Fit“ die größte Herausforderung. Hierunter versteht man die Entwicklung einer passenden Lösung zu einem gesellschaftlichen Problem für einen bestimmten Nutzerkreis. Wie man diese Problem-Solution-Fit für die eigene Gründeridee findet, erklärt dieser Fachartikel.
Die besten Unternehmensideen haben einen Bedarf erkannt und können diesen decken. Social Startups ticken in der Regel anders: Social Entrepreneure entwickeln Lösungen für gesellschaftlich-relevante Probleme, die durch den Staat oder die Wirtschaft nicht ausreichend betrachtet werden. Für Social Startups steht primär die Veränderung einer sozialen Situation im Fokus – der social impact. Die finanzielle Rendite spielt eine nachgelagerte Rolle.
Während für traditionelle Startups der richtige „Product-Market-Fit“ das wichtigste Ziel darstellt, ist für Social Startups der „Problem-Solution-Fit“ die größte Herausforderung. Hierunter versteht man die Entwicklung einer passenden Lösung zu einem gesellschaftlichen Problem für einen bestimmten Nutzerkreis.
Vielen Gründern geht das gründliche Erarbeiten eines Geschäftskonzepts zu langsam und tappen damit oft in eine Falle: Ein Geistesblitz wird mit einem guten Geschäftskonzept verwechselt. Für diesen Fehler zahlt man einen hohen Preis. Tatsächlich gilt es, ein Problem zu erkennen und zum Thema seiner Gründung zu machen, das beständig ist, einen wichtigen (nicht aber unbedingt großen) Nutzerkreis betrifft – und das dann analysiert werden muss.
Um diesen analytischen Schritt zu gehen, helfen drei Perspektiven, die zu einem guten „Problem-Solution-Fit“’ führen:
- Perspektive 1: Intrinsische Motivation – authentisch gründen
- Perspektive 2: das gesellschaftliche Problem klar definieren – auf der Suche nach beständigen Problemen
- Perspektive 3: die Lösungsideen hinterfragen – gewöhnliche Ideen ändern sich schnell, gute Lösungen zeigen Qualität
Perspektive 1: Intrinsische Motivation – authentisch gründen
Ein Startup zu gründen und zum Laufen zu bringen, ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Auf erste Erfolge und Begeisterung folgen immer wieder Rückschläge. Hat man gerade eine scheinbar unüberwindbare Hürde genommen, klopft die nächste schon an der Pforte. Das zehrt an der Energie des Teams. Aus anfänglicher Begeisterung für die Sache werden schnell Zweifel und schwindendes Engagement.
Wer mit der falschen Motivation startet, wird sich mit der erforderlichen Ausdauer und Disziplin schwer tun. Es braucht die sogenannte intrinsische Motivation. Davon redet die Psychologie, wenn eine Person von innen heraus an einer Sache ohne Incentivierung von außen engagiert ist. Man tut „es“ aus Freude an der Herausforderung.
Ein bewährter Ausgangspunkt für Gründer eines Social Startups ist die Frage „Was regt mich auf?“. Welche persönliche Beziehung hat man als Gründer zu dem Problem? Ist man selber oder jemand im direkten Umfeld betroffen? Entwickelt man somit ohnehin eine Lösung? Authentischer und intrinsischer geht es nicht.
Es gibt noch einen weiteren, vielleicht wichtigeren Aspekt hinsichtlich der intrinsischen Gründungsmotivation: die investierte Lebenszeit. Bei aller Euphorie für ein Startup sollte sich jeder Gründer kritisch hinterfragen, ob er seine Lebenszeit für die richtige Idee richtig einsetzt. Geld ist ersetzbar, Lebenszeit jedoch nicht.
Perspektive 2: das gesellschaftliche Problem klar definieren – auf der Suche nach beständigen Problemen
Auch Social Startups benötigen ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept sowie einen Kunden- bzw. Fördererkreis, der dem Startup die Lösung des Problems zutraut und hierfür bereit ist zu zahlen. Folgende Leitfragen stellen das gesellschaftliche Problem auf den Prüfstand und helfen bei der Antwort, ob die Gründung eines Startups für den gewünschten Impact notwendig ist.
Ist das Problem real?
Nicht nur der Gründer glaubt, dass „es“ ein Problem ist. Auch die betroffenen Nutzer müssen nicht überzeugt werden, dass sie ein Problem haben. Das Problemfeld wurde idealerweise bereits in Form von Erfahrungsberichten, Studien und ähnliches untersucht. Ein für Social Startups geeignetes Problem ist offensichtlich, nachweisbar und eingängig. Es gelingt leicht, das Problem in einem Satz darzustellen.
Ist es ein großes Problem?
Das Problem zeichnet sich dadurch aus, dass die Situation der Nutzer ohne die Lösung des Startups täglich immer schlimmer wird. Kleinteilige Probleme benötigen kein unternehmerisch koordiniertes Lösungsangebot. Ein Problem muss also groß genug sein, um für die Lösungsverbreitung eine eigene Organisation aufbauen zu müssen (Skalierung).
Ist es ein schwierig zu lösendes Problem?
Auch wenn Social Startups nicht primär finanzielle Absichten verfolgen, stehen sie in einer Wettbewerbssituation um Nutzer, Investoren und Förderer. Je schwieriger das Problem zu lösen ist, desto eher sind Startups in einer stabilen Marktpositionierung vor „copy cats“ geschützt.
Auch Kooperationen können den gewünschten social impact ermöglichen, indem bereits vorhandene Teillösungen für eine effizientere und effektivere Reichweite der Nutzergruppen kombiniert werden.
Warum wurde das Problem bisher noch nicht gelöst?
Manchen Problemen misst der vermeintliche Nutzer keine allzu hohe Bedeutung zu, weil man sich damit irgendwie arrangiert hat. Oder es gibt andere vermeintlich hinderliche Faktoren, wie z.B. politisch-gewollte Widerstände gegen eine Lösung (in der dritten Welt eher anzutreffen) bzw. eine anspruchsvolle Regulatorik (u.a. im Gesundheits-, Bildungs- und Finanzwesen) und manchmal auch Paradigmen, dass ein bestimmtes Problem unmöglich zu lösen ist. Eine weitere Ursache: Vielen Social Startups fällt es schwer, ein tragfähiges und Spenden-unabhängiges Geschäftsmodell aufzubauen, wenn sich die Lösung an eine nicht zahlungsfähige Nutzergruppe richtet.
Perspektive 3: die Lösungsideen hinterfragen – gewöhnliche Ideen ändern sich schnell, gute Lösungen zeigen Qualität
Kommunikationsprofis arbeiten mit drei Kriterien, um die Überzeugungskraft ihrer Botschaften zu hinterfragen: relevant, aktuell und sympathisch. Diese Eigenschaften lassen sich sehr gut auf die Lösungsangebote von Social Startups übertragen.
Euer Problem ist: Relevant
Ein relevantes Problem entspricht der Bedürfnisssituation der Nutzer. Ein Blick auf die Maslow’sche Bedürfnispyramide zeigt schnell, wo die Nutzer stehen und regt an, die Passung der Lösung zu hinterfragen. Gute Anhaltspunkte für Relevanz bieten Lösungen, die die Lebensqualität der Nutzer erhöht, Zugang zu bisher unerschlossenen Ressourcen bietet, eine bessere Selbstwirksamkeit ermöglicht, etc.
Euer Problem ist: Aktuell
Ob es sich um ein aktuelles Thema handelt, zeigt sich meist daran, wie sehr das Problem in der jeweiligen Nutzerszene und auch Öffentlichkeit diskutiert wird. Es lohnt sich zu hinterfragen, wie sehr die Nutzer das Problem für sich selber wahrnehmen? Handelt es sich um ein kurzfristiges und temporäres Problem oder bleibt der Bedarf an einer Lösung beständig?
Euer Problem ist: Sympathisch
Das ist der wahrscheinlich kontroverseste Aspekt: Gerade Social Startups erliegen häufig der Falle, dass sie ihre Lösung moralisch überladen. Statt dogmatischer Überzeugungsversuche entmündigen sympathische Lösungen den Nutzer nicht, sondern schaffen eine neue Qualität in seinem Mindset. Sie lassen den Nutzer in Lösungen denken statt im Problem gefangen zu bleiben. Sie lassen den Nutzer optimistischer in die Zukunft blicken, weil sie Lust auf mehr machen.
Fazit:
Eine gute Vorbereitung ist durch nichts anderes zu ersetzen als durch eine gute Vorbereitung. Der Weg zu einem guten Problem-Solution-Fit ist aufwendig und lohnenswert. Eine vorschnelle Begeisterung für die erstbeste Idee endet meist in einem frühen Aus und im besten Falle in einer teuren Neuerfindung (Pivot). Gute Social Startups investieren gerade in der Anfangsphase viel Zeit mit der Lebenssituation der Nutzer, um das gesellschaftliche Problem zu durchdringen und erst dann passende, tragfähige sowie skalierbare Lösungen zu entwickeln.