Die Crowdinvesting-Blase wird platzen – Gerald Hörhan über die Gefahren der Crowdfinanzierung

Er ist bekannt für markige Sprüche aber auch großen Erfolg: Investment-Punk Gerald Hörhan warnt vor dem unkontrollierten und ungeregelten Boom des Crowdinvesting.

Nach Aktien- und Immobilienboom ist das ganz heiße Ding unserer Tage das Crowdinvesting. Viele Kleinanleger geben ihr Geld, diesmal aber nicht in irgendwelche Fonds oder bankengeführte Portfolios sondern direkt in Projekte, frisch gegründete Unternehmen und neue Technologien. Bisher sieht alles gut aus: Der Markt an Crowdinvesting-Plattformen wächst, Idee, Konzepte und Startups finden ihre vielen Kleininvestoren und können so ihre erste Finanzierungsrunde durchstehen. Doch wo Sonne ist, bleibt der Schatten nicht aus: Für Gerald Hörhan schrammelt die Gitarre auf dem letzten Loch.

Gründerküche: Herr Hörhan, von Ihnen hört man kritische Töne zum Crowdinvesting-Boom. Warum?

Gerald Hörhan: Sie haben als Investor keine Kontrolle darüber, was mit ihrem Geld passiert. Wie kann ich sicher sein, dass der Unternehmer mit meinem Geld macht, was er sagt? Das halte ich aus Sicht des Investors für höchst bedenklich. Eigentlich irrsinnig.

GK: Dabei wirken doch die Projekte und ihre Darstellungen auf den Crowdfunding-Plattformen sehr transparent…

GH.: Nein, da ist nichts transparent. Es ist nur cool. Es fehlen die detailierten Due Diligence Unterlagen, die dem Investor die Chance geben, das Unternehmen zu bewerten.

GK: Das klingt ähnlich wie der Aktienboom für Kleinanleger vor einigen Jahren…

GH.: Ja auch da wurde viel Geld gestohlen, gab es viele Skandale. Windparks, Filmfonds, Immobilienfonds… Es gibt viele Beispiele, wo Menschen ihr Geld verbraten haben. Aber das ist ja der Punkt: das Crowdinvesting hört sich cool an, sicher und transparent ist es nicht. Und cool hat wenig mit Geld verdienen zu tun.

GK: Was stört Sie noch?

GH.: Laut BaFin-Definition ist Geldverleihung eine Bankdienstleistung. Wenn das Unternehmen über Crowdfunding Wertpapiere vergibt, braucht es einen (teuren) Kapitalmarktprospekt. Ausnahmen gibt es nur für Grossanleger oder wenn maximal 200.000 Euro eingesammelt werden. Unter der derzeitigen Regulierung ist Crowdfunding kein wirkliches Geschäft.

GK: Nicht abzusprechen ist aber der Fakt, dass durch Crowdfunding Projekte starten, die es sonst schwer hätten.

GH.: Ja klar, CF macht einiges möglich. Allerdings sind die Investmentsummen aufgrund der Regulierung zu klein.

Eine erfolgreiche Crowdfunding-Plattform macht vielleicht fünf Millionen Euro. Allein eine einzelne VC-Finanzierungsrunde liegt bei diesen fünf Millionen Euro. Eine!

GK: Zumindest auch Sicht der Unternehmer/Startups ist diese Investmentform doch sinnvoll.

GH.: Naja, wie man es nimmt. Klar ist es ein gutes Geschäft für ein Startup, wenn es sagt: Leute, investiert blind. Diese Bedingungen sind für den Investor unattraktiv aber für das Startup attraktiv. Allerdings weiß ein Unternehmen bei Crowdfunding nicht, wieviel Geld es einsammelt, und viele Kleinanleger zu haben kann in der späteren Wachstumsphase ein großes Problem werden.

Spätestens bei der Folgefinanzierung hat auch das Startup ein Problem: Kein Investor steckt sein Geld in ein Unternehmen, dass schon mit hunderten Kleinanlegern zutun hat.

Von Kleinanlegern weiteres Geld zu bekommen, um das Wachstum zu finanzieren ist schwierig. Zweites Problem: Beim Business Angel oder VC bekommen Sie nicht nur Geld, Sie bekommen vor allem Know-How. Auch das fällt beim CF weg.

GK: Ihre Prognose also für das Crowdfunding?

GH.: Der Hype wird abflauen, wenn die ersten Leute ihr Geld verlieren und die Zeitungen schreiben „Anlegerbetrug!“ Und das kommt spätestens in der nächsten Krise.

GK: Und dann ist das Crowdfunding tot?

GH.: Nicht unbedingt. Aber der Crash wird kommen. Dann wird man das rechtlich regeln und dann könnte es vielleicht auch sinnvoll werden.

GK: Schade für die Kleinanleger, aber haben Sie einen Tipp, wo die mit ihren kleinen Summen investieren können?

GH.: Nein! Wenn Sie nur sehr kleine Summen haben, können Sie an dem Spiel nicht teilnehmen. Wenn Sie jedoch zumindest Euro 10 bis 30 Tausend sowie Know-How haben, und kreativ sind, können Sie sich jedoch direkt an einem Startup beteiligen und beim Aufbau helfen. Das macht mehr Spass, ist erfüllender und finanziell wesentlich attraktiver.

Danke für das Gespräch!

Zur Person Gerald Hörhan

gerald-hoerhanGerald Hörhan wurde 1975 in Wien geboren und absolvierte als Bachelor of Arts in Wirtschaft und als Master in angewandter Mathematik mit magna cum laude die Universität in Harvard. Seit 2003 ist Gerald Hörhan selbständiger Investment Banker und Vorstand und Teileigentümer der Corporate Finance Firma Pallas Capital Holding AG. Sein Buch „Investment Punk“ machte ihn im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt. Seit 2011 betreibt Gerald Hörhan gemeinsam mit Harald Psaridis „Die Finanzschule“, bei der den Seminarteilnehmern die Grundbegriffe und das Handwerk zum Thema Geld und Investments näher gebracht werden. Im Jahr 2015 hat Gerald Hörhan mit der Investment Punk Academy (www.investmentpunk.academy) sein eigenes Startup gegründet, wo er Wirtschatfs- und Finanzwissen über Online Video Kurse vermittelt Bei seinen Auftritten schockt Hörhan mit provokant formulierten Aussagen und einem Kleidungsstil, der an die Punkerszene erinnert.

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