„Für das junge Mainzer Gründerökosystem sind wir Innovationstreiber und Netzwerker“ | Jan Küster über PunchOut.Tech Mainz Edition
Zum zweiten Mal bringt der Founders Fight Club ein ganz besonderes Format nach Mainz: PunchOut.Tech. Hier suchen Unternehmen eine Gruppe von Gründern und Kreativen, die eine konkrete Aufgabe lösen sollen und dabei Lean Startup Techniken praktisch erlernen können. Jan Küster, Gründer und Geschäftsführer des Founders Fight Clubs, erklärt das Format, seinen Blick auf die Mainzer Gründerszene und was Gründer erwartet.
gründerküche.de: Was ist PunchOut.Tech und wie funktioniert es?
Jan Küster: PunchOut.Tech ist ein virtuelles Programm, um Lean Startup Techniken zu erlernen. Es gibt auf der einen Seite Challenger, Unternehmen die einen echten Bedarf für ein Produkt in Ihrem Markt oder Unternehmen sehen. Und auf der anderen Seite Player, die von der Challenge inspiriert ein Produkt-Konzept entwickeln, um diesen Bedarf zu decken.
Dabei entsteht Innovation und vor allem Wissen rund um die Anwendung von Lean Startup. Die öffentliche Variante des Programms ist für die Teilnehmer kostenlos.
Warum bringt ihr PunchOut.Tech nach Mainz?
Zusammen mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Mainz führen wir PunchOut.Tech zum zweiten Mal durch. Entstanden ist die Idee für die Zusammenarbeit in China, denn dort haben wir die handelnden Personen im Rahmen einer Wirtschaftsdelegation kennengelernt. Unsere Hoffnung war, möglichst viele Unternehmen mit der Startupszene zu verbinden und somit das Verständnis für den Nutzen der pragmatischen Zusammenarbeit zwischen eingesessenen Unternehmen auf der einen Seite und Innovations-Enthusiasten auf der anderen Seite zu ermöglichen.
Auf Unternehmensseite wird das Programm als Innovations-Förderer im Unternehmen oder Führungskraft-Training eingesetzt. Oder die Challenger fokussieren mit einem Partner zusammen auf ein bestimmtes Thema – wie zB. nachhaltige Ernährung oder Innovation im InsureTech Segment.
Gibt es Besonderheiten der Mainzer Gründerszene, die ihr damit ansprecht?
Wir haben festgestellt, dass unser Konzept gut für Städte und Gemeinden in der Größe von Mainz mit einer relativ jungen Startupszene funktioniert. In größeren Städten mit etablierten Szenen bestehen meist schon viele Anlaufpunkte für die Zusammenarbeit zwischen lokalen Unternehmen, Startups und der lokalen Innovationsgemeinde, die eben auch Young Professionals oder Studenten mit einschließt.
Diese Szenen müssen sich erst etablieren und über mehrere Generationen wachsen. Deshalb sind vielfältige Angebote mit unterschiedlichen Formaten vor allem in jüngeren Szene sehr wichtig und interessant.
Unsere Formate haben sich international etabliert und sind bereits vertestet, daher können wir in Mainz damit einen Impuls setzen und viele Menschen für Innovation begeistern.
Hierbei hilft es auch, dass wir immer sehr inklusiv mit allen Parteien im Startup-Ökosystem arbeiten. Wir sind nicht immer vor Ort präsent, haben deshalb aber auch keinerlei Partei-Affilierungen oder ähnliche bestehende Begrenzungen in unserer Arbeit.
Wie wichtig ist euch die Zusammenarbeit mit der Mainzer Wirtschaftsförderung?
Für den Erfolg braucht es natürlich die enge Zusammenarbeit mit Personen, die unsere Arbeit aktiv vor Ort unterstützen. Da haben wir mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Mainz einen sehr guten Partner gefunden. Die Kolleg:innen engagieren sich wirklich intensiv für den Erfolg des Programms und der Übertragung der Ergebnisse in das Mainzer Startup-Ökosystem.
Welche Unternehmen beteiligen sich bei euren Angeboten und warum?
Die Bereitschaft der Unternehmen steigert sich jedes Jahr und das ist wirklich bemerkenswert. Die größte Herausforderung sehe ich in der Definition des Innovationsbedarfs der Unternehmen und daraus, wie wir eine Challenge formulieren, in die dann die Player gerne ihre Zeit investieren.
Es geht nicht um einen Beratungsauftrag, sondern um den Wert der Kollaboration und der Schaffung von innovativen Lösungen unter Einbeziehung der unterschiedlichen Perspektiven.
Der Aufwand ist für die teilnehmenden Unternehmen nicht zu unterschätzen: Die Player müssen aktiv unterstützt werden, um gemeinschaftlich eine gute Lösung zu erarbeiten.
Und wer ist dieses mal beim Mainzer PunchOut.Tech dabei?
Zum zweiten Mal sind in dieser Runde die Mainzer Stadtwerke mit einem starken Team dabei, sowohl Challenger als auch das Team sind auf einem guten Weg, eine Software für neue agile und hybride Arbeitsformen zu entwickeln.
Gemeinsam mit der Mainzer Volksbank arbeitet ein Team an der Schaffung eines innovativen Unternehmens-Nachfolgeportals. Darüber hinaus geht es um neue Formen interaktiven Lernens sowohl zum Thema Sprache als auch um den nachhaltigen Umgang mit Geld.
Als überregionalen Challenger haben wir dieses Jahr die Rehau New Ventures mit nach Mainz in die virtuelle Runde gebracht und hier geht es darum, bessere Nachbarschaften über shared services zu erstellen.
Wie ist deine Wahrnehmung der Mainzer Gründerszene?
Die Mainzer Gründerszene findet vor allem viel Unterstützung seitens lokaler Unternehmen und wird auch seitens der Politik pragmatisch unterstützt.
Das hat starkes Potential, insbesondere wenn Innovation vom lokalen Markt auch angefordert wird.
Für kleinere Szenen wünsche ich mir häufig etwas mehr Spezialisierung auf Fokusthemen, denn dann weiss auch der internationale Gründer hypothetisch, dass in Mainz die stärkste Unterstützung für AgTech-Winzer-Startups zu finden ist.
Es ist beispielsweise schwierig, in Schlüsselindustrien mit Großstädten zu konkurrieren. Wenn also eine Innovationsführung aufgebaut werden kann, dann am ehesten über den Fokus auf Schlüsselthemen, die gut lokal verankert werden können.
Mainz bietet zum Beispiel mit seinen Winzern oder BioTech Unternehmen bereits genügend Nährboden, dieser muss nun bearbeitet und gedüngt werden.
Erfolgreiche Gründer reinvestieren häufig in die Startups ihrer Heimatstädte, das hat beim Aufbau vom Silicon Valley eine große Rolle gespielt. Daher geht es zunächst darum, diese zu finden und zu fördern.
In Mainz passiert bereits sehr viel, von BlockChain bis Kosmetik, hin zur Rettung der Welt via Impfstoff scheint Mainz ein starkes Pflaster für Innovation zu sein.
Infrastruktur, Versorger und die städtische Wirtschaftsförderung sind mit persönlichen Einsatz sehr aktiv und daher sind wir gespannt, welches „Einhorn“ als nächstes singend und lachend aus Mainz in die Welt hüpft.
Warum sollten Gründer und Kreative hier mitmachen? Und was gibt es zu gewinnen?
Ruhm und Ehre, denn die erfolgreichen Teams schaffen es in die virtuelle Founders Fight Night – dem härtesten Pitch-Event des Universums. Vor allem aber schaffen wir Brücken zwischen denen, die Innovation schaffen wollen und denen, die dies fördern können. Es gibt keinen professionellen Bereich, der sich nicht immer neuerer Innovation ausgesetzt fühlt. Das ist nur solange schlecht, wie Digitalisierung und Technologisierung als Bedrohung verstanden wird.
Wir möchten über unser Programm aufzeigen, wie hemdsärmelig Innovation ist, hieraus entsteht mindestens Verständnis und im besten Fall eine neue Leidenschaft.
Was das Programm aber wirklich ausmacht, sind die Teilnehmer:innen. Denn hier entstehen neue Freundschaften und die schnelle Mitnahme in Kollaboration. Genau wie im Boxgym ist der berufliche Hintergrund für die erfolgreiche Teilnahme irrelevant. Wir messen unseren Erfolg an drei Achsen, die alle gleich wertvoll sind: Lernerfolg, neue Leute, Spaß am Programm.
Ihr brecht große Themen auf klare und konkrete Aufgaben herunter. Warum?
Wir möchten Produktkonzepte und keine Power-Point-Präsentationen für das nächste Meeting erarbeiten. Je weniger wir die Themen verkopfen sondern vereinfachen, desto mehr Leute können wir mitnehmen. In der Gestaltung von PunchOut.Tech haben vor mehreren Jahren drei Praktikanten der Bundeswehr mehrere hundert Artikel gelesen und unserem Team geschildert, was von den Inhalten für sie Sinn ergeben hat. Einen besseren Filter konnten wir nicht anwenden, um die hilfreichste Information aus dem Wust von Agilität, Lean Startup und Innovation heraus zu filtern. Aus diesen Inhalte setzen wir wöchentliche Impulse und geben dann Zeit zur Interpretation und Gruppen-Diskussion. Daraus entstehen dann nachhaltig belastbare Konzepte.
Aus euren bisherigen Erfahrungen… führt eine solche Challenge in ein Startup?
Das ist eine spannende Frage, denn in den ersten Jahren war die Generation eines Startups unser primäres Ziel. Je häufiger wir das Programm aber durchführen, desto mehr rückt dieses Ziel in den Hintergrung. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass immer noch 90% aller Startups scheitern und das bedeutet im ungünstigen Fall auch mal eine Insolvenz. Das ist kein schönes Erlebnis.
Ich glaube es ist viel wichtiger, Menschen dazu zu bringen, diese Fähigkeiten und Konzepte anzuwenden, um in jeder professionellen Rolle erfolgreicher zu werden oder um Zusammenhänge in der Entwicklung von Innovation zu erkennen.
Sicherlich ist es toll, wenn die Stadtwerke Mainz immer noch gemeinsam mit einem Player aus dem letzten Jahr an IoT Lösungen für die Forstwirtschaft arbeiten. Genau so wichtig finde ich aber die Verbindungen, die zwischen den Personen entstehen: Aus jedem Batch nehme ich neue Freunde mit und damit leisten wir einen stärkeren Teil zum Aufbau eines Startup-Ökosystems.
So ist bis heute eine meiner Lieblings-Referenzen von einer Due Diligence Beauftragten einer Bank, die nach dem Abschluss von PunchOut.Tech sagt: „Endlich habe ich verstanden, in welcher Phase die jungen Unternehmen auf uns zukommen. Ich verstehe, welchen Input die brauchen, um besser mit uns arbeiten zu können. Die sind ja noch gar nicht fertig.“
An wen richtet sich euer Aufruf, teilzunehmen?
An alle die mit diesen Aussagen was anfangen können. Der bestmögliche Einstieg in das aktuelle Programm ist am nächsten Donnerstag, 28. Oktober 2021 ab 18:30 Uhr im öffentlichen virtuellen Präsentations-Workshop.
Jan Küster ist seit 15 Jahren in der internationalen Startupszene als Coach und Moderator
aktiv. Er entwickelt und moderiert die Event- und Lern-Formate des Founders Fight Clubs wie
PunchOut.Tech, die Founders Fight Night, Gymtalk und Angelstadt. Zuvor hat er erfolgreich in den Bereichen Chip Design, Software as a Service und Natural User Interface Anwendungen das Business Development sowohl für Startups als auch für innovative Projekte etablierter Konzerne aufgebaut und folgend geführt.