Digitaler Tourismus 2020: So smart reisen die Deutschen
Online-Buchungen haben die Reisebüros überholt: Die deutschen verreisen immer digitaler, wollen dabei zunehmend auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit achten. Vom Smartphone können sie auch im Urlaub nicht lassen.
Online-Buchungen lösen den Gang ins Reisebüro ab, Sharing-Plattformen für Privatunterkünfte versprechen authentische Erlebnisse am Urlaubsort und Fotos in sozialen Netzwerken inspirieren bei der Suche nach der nächsten Destination: Reisen ist im Jahr 2020 so digital wie nie. Das zeigt eine repräsentative Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, die im Vorfeld der inzwischen abgesagten Reisemesse ITB durchgeführt wurde.
Demnach informieren sich fast sieben von zehn Bundesbürgern im Internet (68 Prozent), wenn sie eine Reise planen. Reise- und Vergleichsportale werden dabei mit 48 Prozent am meisten genutzt, dahinter folgen mit 41 Prozent die Online-Seiten der jeweiligen Reisedienstleister, also der Hotels, Fluggesellschaften oder Reiseveranstalter. Reiseblogs werden immerhin fast von jedem Zehnten gelesen (neun Prozent), soziale Netzwerke zieht hingegen kaum jemand zur Reiseplanung heran (fünf Prozent).
Fast jeder Zweite (45 Prozent) bucht dann auch im Internet, nur noch 39 Prozent gehen für die Reisebuchung in ein Reisebüro. Damit haben die Buchungen im Netz die Buchungen im Reisebüro überholt: 2018 gaben noch 48 Prozent an, ihren Urlaub in der Regel im Reisebüro zu buchen – und 41 Prozent online. „Für die Tourismusbranche heißt das: Wer einen Flug, ein Hotelzimmer oder eine komplette Pauschalreise verkaufen will, muss dem Kunden die Möglichkeit geben, sich online zu informieren und online zu buchen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Online werden Flexibilität und Vergleichbarkeit geschätzt
Zu den Vorteilen der Online-Buchung zählt für die Befragten vor allem, unabhängig von Öffnungszeiten zu sein (95 Prozent). 83 Prozent schätzen eine bessere Vergleichbarkeit der Angebote, jeder Dritte (34 Prozent) meint außerdem, dass das Angebot im Internet günstiger sei.
Für das Reisebüro spricht aus Sicht der Kunden, dass man alle Leistungen und Unterlagen aus einer Hand erhält (64 Prozent) und zudem individuell und persönlich beraten wird (52 Prozent). Zugleich gibt es Vorbehalte gegen eine Buchung im Internet: vier von zehn Bundesbürgern (40 Prozent) geben an, einer Online-Buchung nicht zu vertrauen. Jeder Dritte (34 Prozent) ist unsicher, wer dabei auf seine Daten zugreifen kann.
Trotzdem sind viele Bundesbürger offen für die Datennutzung und -verwertung bei der Reisebuchung: Fast jeder Zweite (48 Prozent) würde seine Daten für Rabatte zur Verfügung stellen, jeder Dritte (33 Prozent) für nahtlose Mobilitätsangebote und jeder Vierte (25 Prozent) für maßgeschneiderte Ausflugsmöglichkeiten, etwa für Familien, Senioren oder Sportler.
Übernachtungen und Flüge werden häufig online gebucht
Zu den gefragtesten Reiseleistungen im Internet zählen Übernachtungen: 95 Prozent haben online schon einmal eine Unterkunft gebucht. Drei Viertel (75 Prozent) der Online-Bucher haben im Netz mindestens einmal ein Flugticket gekauft, Fahrkarten für Fernzüge haben 67 Prozent online erworben. Dahinter folgen Mietwagen (61 Prozent), die komplette Pauschalreise (56 Prozent) sowie zusätzliche Leistungen am Urlaubsort wie Eintrittskarten, Aktivitäten oder Sightseeing (44 Prozent).
Jeder Vierte (26 Prozent) hat online schon einmal ein Fernbusticket gekauft – und jeder Sechste (16 Prozent) Fahrkarten für den Nahverkehr am Urlaubsort. Kreuzfahrten werden vergleichsweise selten im Internet gebucht (sieben Prozent).
Vor allem Jüngere buchen bei Airbnb und Co.
Drei von zehn Reisenden, die online Übernachtungen buchen (29 Prozent) entscheiden sich auch für Privatunterkünfte, die auf Plattformen wie Airbnb, 9flats, Couchsurfing und Co. angeboten werden. Besonders beliebt sind diese Angebote bei Jüngeren: Mehr als jeder zweite 16- bis 29-Jährige (57 Prozent) bucht eine solche Unterkunft.
Dabei sorgen diese Angebote für ein gespaltenes Meinungsbild: So sagt mehr als jeder zweite Bundesbürger (55 Prozent), man könne auf diese Weise besser in das Leben am Urlaubsort eintauchen. 49 Prozent nennen als Vorteil, dass man so eher neue Menschen kennenlernt als in einem Hotel und 44 Prozent sehen diese Angebote als eine Bereicherung für den Tourismus insgesamt an.
Auf der anderen Seite sind 72 Prozent der Meinung, es gehe so dringend benötigter Wohnraum in Städten verloren und 67 Prozent sprechen sich für eine stärkere Reglementierung aus. „Plattformen für Privatunterkünfte können sowohl Reisenden als auch den Menschen vor Ort viele Vorteile bieten. Das richtige Maß muss gerade an touristischen Hotspots noch gefunden werden“, sagt Rohleder.
Das Smartphone ist Reisebegleiter
Drei Viertel der Bundesbürger (76 Prozent) nehmen ein Smartphone mit in den Urlaub – auch wenn 39 Prozent der Internetnutzer es in den Ferien am liebsten gar nicht einsetzen wollen. Viel zur Hand genommen wird es dennoch: 72 Prozent machen überwiegend Fotos mit dem Smartphone, jeder Zweite (49 Prozent) teilt seine Reiseerlebnisse in sozialen Medien oder einem Blog.
46 Prozent geben an, gern zu Orten zu reisen, die sie aus sozialen Netzwerken kennen. Auch selbst beeindruckende Fotos zu posten, ist vielen Reisenden wichtig: Jeder Achte (13 Prozent) sagt von sich selbst, für ein gutes Foto für soziale Netzwerke sogar Absperrungen und Verbotsschilder zu ignorieren.
Klimawandel beschäftigt Reisende
Der Klimawandel und die Folgen des Tourismus beschäftigen viele Reisende. 67 Prozent begrüßen prinzipiell, dass aktuell über die Klimawirkungen des Reisens debattiert wird. Auch der sogenannte „Overtourism“ ist für viele ein Thema: 54 Prozent entscheiden sich bewusst gegen überlaufene Urlaubsorte, um die dortige Umwelt nicht noch mehr zu belasten. 41 Prozent geben an, nun generell weniger zu reisen.
Insbesondere das Fliegen steht dabei im Fokus: Vier von zehn Bundesbürgern (39 Prozent) finden es unverantwortlich, viel zu fliegen, 56 Prozent meinen gar, Inlandsflüge sollten verboten werden. „Urlaubsreisen lassen sich kaum ersetzen, bei Dienstreisen aber sollte man umweltfreundlichere Alternativen wie Telefon-, Web- und Videokonferenzen prüfen“, betont Rohleder. Jeder Zehnte (10 Prozent) erklärt im Übrigen, „Flugscham“ zu empfinden, doch nur acht Prozent kompensieren den CO2-Ausstoß ihrer Flugreisen online.
Viele Bundesbürger sind verunsichert über die Folgen des Reisens für Umwelt und Klima: 47 Prozent befürchten, dass das Reisen die letzten Naturräume der Welt zerstöre. 41 Prozent haben Sorge, dass aufgrund womöglich steigender Reisepreise künftig nur noch reiche Menschen reisen können. Hoffnung setzen die Befragten jedoch in digitale Technologien: 49 Prozent meinen, diese könnten helfen, um das Reisen nachhaltiger zu machen. Gleichwohl glaubt nur jeder Achte (14 Prozent), dass die Menschen künftig weniger reisen und stattdessen die Orte virtuell besuchen.