Darum spielt Deutschland bei Tech-Talenten ganz vorne mit
19 neue Einhörner allein in diesem Jahr: Mittlerweile erreichen 51 deutsche Startups eine Milliardenbewertung. Woran der Aufschwung liegt, zeigt der „The State of European Tech“-Report. Die wichtigsten Ergebnisse liest du hier.
100 Milliarden US-Dollar Wagniskapital; die Tech-Wirtschaft in Europa ist auf Kurs, diesen Meilenstein zu knacken. Dies zeigt die diesjährige Edition des Reports The State of European Tech des Risikokapitalgebers Atomico. Somit festigt Europa seinen Platz als einer der weltweiten Tech-Vorreiter. Zum ersten Mal liegt das Level der Frühphasen-Investments gleichauf mit den USA. Gleichzeitig steigt die Zahl der Einhörner in Europa stark an. Insgesamt wächst die europäische Tech-Industrie schneller als noch vor der Pandemie und steigerte ihren Wert alleine in den ersten acht Monaten des Jahres 2021 um eine Billion US-Dollar.
Mit dem State of European Tech (hier zum Download verfügbar) veröffentlicht Atomico jährlich einen der umfassendsten, datengetriebenen Deep Dives in die europäische Tech- und Startup-Wirtschaft. Der Report umfasst Daten aus und über 45 Länder.
„Europa befindet sich inmitten einer technologischen Revolution mit tiefgreifenden Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Diese wird von zwei unumkehrbaren Trends vorangetrieben. Der erste ist zwar nicht Europa-exklusiv, aber der unnachgiebige Siegeszug neuer Technologien hält an. Grund Nummer zwei ist das starke Fundament auf dem Kontinent: dazu gehören Top-Talente, starke Gründerteams und eine gesunde Investoren-Landschaft. So entstehen stetig mehr Werte und Einhörner”, beschreibt Tom Wehmeier, Partner bei Atomico und Co-Autor des Reports. „Durch diese zwei Trends wächst das europäische Tech-Ökosystem, auch wenn sich die Makro-Faktoren ändern.”
Sarah Guemouri, Senior Associate bei Atomico und Co-Autorin des Reports, ergänzt: „Selbst in konservativen Szenarien rechnen wir damit, dass sich die europäische Tech-Wirtschaft innerhalb der nächsten Dekade mindestens verdoppelt und ihren Wert um Billionen US-Dollar steigert.” Dabei spielen vier Schlüssel-Entwicklungen eine entscheidende Rolle.
Europa manifestiert seine Rolle als globaler Tech Player
- Nach Jahren des Aufbaus ist das europäische Tech-Ökosystem nun auf dem Weg, innerhalb eines Jahres den Meilenstein von 100 Milliarden US-Dollar an eingesammeltem Kapital zu knacken. Das ist beinahe das Dreifache der Investment-Summe des vergangenen Jahres. Deutschland sammelte bis dato 12,4 Milliarden US-Dollar ein. Ein Rekord. (Quelle: Dealroom)
- Insgesamt sammelten britische Tech-Unternehmen in den letzten fünf Jahren 73 Milliarden US-Dollar ein. Im Vergleich zu den Plätzen zwei und drei im Fundraising, Deutschland und Frankreich, ist dies mehr als das Doppelte. (Quelle: Dealroom)
- Die Zahl der Tech-Unternehmen mit Milliardenbewertung steigt von 223 (im letzten Jahr) auf 321. Deutschland verfügt nun über 51 Einhörner, 19 davon erreichten dieses Jahr den Unicon-Status. (Quelle: Dealroom, Atomico)
- Die Ära der Finanzierungsrunden in Milliardenhöhe hat in Europa begonnen. Dieses Jahr flossen bis dato über zehn Prozent des insgesamt investierten Kapitals in die zehn größten Finanzierungsrunden. Drei davon wurden von deutschen Unternehmen eingesammelt: Celonis (eine Milliarde US-Dollar), Gorillas (950 Millionen US-Dollar) und die N26 Gruppe (800 Millionen US-Dollar). (Quelle: Dealroom)
- Die europäische Pipeline an Early-Stage-Startups war nie stärker. 33 Prozent aller Finanzierungsrunden bis fünf Millionen Dollar weltweit flossen in europäische Early-Stage-Startups. Nur US-Startups sammelten mehr Early-Stage-Investments ein als Europäische (3,8 Milliarden US-Dollar in Europa, 4,1 Milliarden US-Dollar in den USA). (Quelle: Dealroom)
Die Ergebnisse in öffentlichen und privaten Märkten übersteigen die Erwartungen, insbesondere in Deutschland
- In den vergangenen zwölf Monaten hat der öffentliche europäische Tech-Markt über 750 Milliarden US-Dollar Cap Value ergänzt und ist nun über zwei Billionen US-Dollar wert. (Quelle: CapIQ)
- Europa produziert auch 2021 mehr Tech-IPOs als die USA (122 in Europa, 89 in den USA). Jedoch muss der Kontinent mehr unternehmen, um die Hindernisse für groß angelegte IPOs in Europa zu reduzieren. (Quelle: CapIQ)
- Blockbuster-IPOs (zehn Milliarden US-Dollar oder höher) werden die Norm. Der größte IPO des Jahres wurde vom rumänischen Unternehmen UiPath durchgeführt, welches nach Zugewinnen am Eröffnungstag 35,6 Milliarden US-Dollar wert war. Andere große Public Listings waren Auto1, Wise und Deliveroo; alle wurden am Eröffnungstag für über zehn Milliarden US-Dollar gehandelt. (Quelle: CapIQ).
- Öffentliche Märkte machten in Deutschland 2021 starke Zugewinne, getrieben von SAP, Infineon, Zalando und Delivery Hero. Sie sorgten für elf Prozent der insgesamt neu geschaffenen Werte in Europa. Die Niederlande belegen den ersten Platz, hier wurden 47 Prozent der Zugewinne geschaffen. Norwegen (40 Milliarden US-Dollar) überholt in diesem Jahr Spanien (33 Milliarden US-Dollar) und Polen (13 Milliarden US-Dollar). (Quelle: CapIQ)
- Der aggregierte Wert von Exits europäischer Tech-Unternehmen via Mergers & Acquisitions oder Public Listings übersteigt bereits 180 Milliarden US-Dollar – und liegt damit über dem Niveau von 2020. Dies ist der höchste Wert der vergangenen fünf Jahre. 2021 ist ein Rekordjahr: 47 durch Private-Equity gestützte Exits mit einer Höhe von einer Milliarde US-Dollar oder mehr fanden statt – das Vierfache im Vergleich zum Vorjahr (Quelle: Dealroom). Fyber (EV: 600 Millionen US-Dollar), Adjust (EV: eine Milliarde US-Dollar) und Signavio (EV: 1,2 Milliarden US-Dollar) gehörten zu den größten in Deutschland.
Der Talent- und Hiring-Kreislauf funktioniert gut in Europa und in Deutschland am Besten
- Atomico führte dieses Jahr, gemeinsam mit Dealroom und Extend Ventures, die umfassendste Analyse der Talent-Pipeline in Europa durch. Für den State of European Tech wurden über 45.000 Profile von Gründer*innen und Senior Leadern mit Erfahrung in 5.000 europäischen Tech-Unternehmen untersucht, die in den vergangenen zwei Jahren Kapital eingesammelt haben. Knapp 40 Prozent sind sogenannte Multi-Generational-Leader und haben sowohl für etablierte Tech-Unternehmen als auch für jüngere Unternehmen gearbeitet. Knapp eine/r aus Fünf hat Erfahrung in Unternehmen mit Milliardenbewertung, 16 Prozent sind an einem Punkt in ihrer Karriere in ein anderes Land gezogen. (Quellen: Atomico, Dealroom, Extend Ventures)
- Für den Report wurde außerdem eine Analyse der sogenannten ‘Unicorn-Mafia’ durchgeführt. Dafür wurden 6.000 Gründer*innen untersucht, die aus europäischen Einhörnern stammen. Deutsche Unicorns machen ‘nur’ 18 Prozent des Messdatensatzes aus, dafür stammen 22 Prozent aller Gründer*innen in Europa mit Unicorn-Erfahrung aus diesen Unternehmen . (Quelle: Dealroom)
- Die meisten eigenständig operierenden General Partner in Europa sitzen in Deutschland. Diese Ex-Operator*innen und/oder Ex-Investor*innen re-investieren ihre Erfahrung und ihr Kapital in die nächste Generation Gründer*innen. (Quelle: Invest Europe)
In führenden Ländern der Tech-Wirtschaft steht es schlecht um Diversität
- Extend Ventures analysierte eine Stichprobe der 4.684 Tech-Unternehmen mit Sitz in Europa, die seit dem ersten Januar 2020 mindestens zwei Millionen US-Dollar Wagniskapital eingesammelt haben. Nur 0,7 Prozent des bis dato eingesammelten Kapitals floss an Schwarze Gründerinnen; nur 1,1 Prozent an Schwarze Gründer. 22,7 Prozent des eingesammelten Kapitals floss an weiße Gründerinnen. (Quelle: Extend Ventures)
- Nationen, die dieses Jahr führend im Fundraising waren – etwa Deutschland oder Frankreich – liegen in puncto Diversität teilweise weit zurück. Dafür wurde die Dichte an gemischtgeschlechtlichen oder ausschließlich weiblichen Gründer*innen-Teams im Verhältnis zur Gesamtzahl arbeitender Frauen in den Ländern untersucht. In Deutschland wurden 18 Finanzierungsrunden von gemischtgeschlechtlichen oder weiblichen Gründer*innen-Teams pro einer Million arbeitender Frauen eingesammelt. In Frankreich 25. Auxxo und La Famiglia sind zwei Beispiele einer neuen Generation deutscher Wagniskapitalgeber, die von Frauen geführt werden. (Quelle: Dealroom)
- Zwar variieren die Ergebnisse in Europa; Schweden (103 Finanzierungsrunden pro einer Million arbeitender Frauen), Finnland (81) und Irland (85) haben die größte relative Dichte auf dem Kontinent. (Quelle: Dealroom)