Kredit von der Masse: So funktioniert Crowdlending

Lending-based Crowdfunding – Crowdlending – das sind Kredite von der Internet-Crowd. Wie diese besondere Form des Crowdfunding funktioniert und für wen Crowdlending sich lohnt, erklärt dieser Fachartikel.

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Crowdfunding oder Crowdfinancing meint das Einsammeln von vielen kleinen Geldbeträgen. Das Internet erleichtert diesen Prozess nun erheblich, da viele Menschen gleichzeitig erreicht werden können. Viele denken, dass es nur um Kleinbeträge gehen kann, doch je nach Art des Crowdfundings können auf diesem Weg sechsstellige, im Crowdinvesting sogar siebenstellige Beträge zusammen kommen. Es werden je nach Art des Rückflusses an die Geldgeber vier verschiedene Arten des Crowdfundings unterschieden.

Vier verschiedene Arten des Crowdfunding

crowdfunding-formen

Donation based Crowdfunding Unterstützer erhalten keinen nennenswerten Rückfluss, sie spenden
Reward based Crowdfunding Unterstützer/Käufer erhalten ein(e) Produkt/ Leistung, es ist eine Art Vorverkauf
Equity based Crowdfunding Investoren/Unterstützer erhalten während der Laufzeit und nach Kündigung des grdstzl. unbefristeten Beteiligungsvertrages Geld zurück, dessen Höhe sich nach dem unternehmerischen Erfolg bemisst
Lending based Crowdfunding Investoren/Unterstützer erhalten während einer festgelegten Laufzeit feste monatliche Zins- und Tilgungsraten (der Fachmann sagt „Annuität“) zurück

Lending-based Crowdfunding – Crowdlending – der Kredit von der Masse

Beim Crowdlending befinden wir uns also im Kreditgeschäft, dies jedoch nicht mit einer Bank, sondern Peer-to-Peer, von Internetnutzer zu Internetnutzer. Doch warum sollte ein Kredit über diesen „unbekannten“ Weg aufgenommen werden? Weil es selten so einfach und so erfolgversprechend ist, Geld aufzunehmen!

Konkrete Vorteile einer Finanzierung über Crowdlending

  1. Die Entscheidung über die Kreditvergabe trifft nicht ein Einzelner, sondern jeder auf der Crowdlending-Plattform (das ist die Webseite über die alles abgewickelt wird) registrierte Investor für sich selbst. Das bedeutet, wenn Sie von 2.000 Nutzern 10 Prozent überzeugt haben, jeweils im Schnitt 500 Euro an Sie zu leihen, haben Sie schon 100.000 Euro zusammen.
  2. Zugegeben, die eben gemachte Angabe stimmt nicht ganz. Das Funding selbst findet erst im 2. Schritt statt. Im 1. Schritt müssen Sie eine Bonitätsanalyse durch den Plattformbetreiber durchlaufen. Das Ergebnis führt zur Entscheidung, ob sie als grundsätzlich kreditwürdig einzustufen sind und welchen Zinssatz Sie zu zahlen haben. Also doch eine Kreditwürdigkeitsprüfung? Nun die Plattformen veröffentlichen Kreditgesuche von erheblich schlechterer Bonität als Banken sich auch nur von Weitem anschauen würden. Rausfallen tun nur Antragsteller, die starke Negativmerkmale in Auskunfteien wie der SCHUFA haben oder ein zu geringes Einkommen, um die Rückzahlungsraten zurück zu zahlen. Dies geschieht zum Schutz des Kreditnehmers selbst, vor allem aber zum Schutz der Anleger, die immerhin ein 100%-Ausfallrisiko tragen!
  3. Die Crowdlending-Plattformen machen es den Kreditsuchenden sehr leicht. Insbesondere Privatkredite bedürfen nicht mal einer ordentlichen Begründung, wofür das Geld verwendet wird. Aber wir bewegen uns hier im unternehmerischen Umfeld. Sie müssen für die Bonitätsanalyse Ihre Ist-Zahlen einreichen (Jahresabschlüsse und BWA’s). Dazu machen sie noch ein paar kurze Angaben für die Investoren in Textform (z.B. „Warum soll der Investor gerade Ihnen Ihr Geld geben?“) und geben selbstverständlich Kontaktdaten und ähnliches ein. Gründer auf der Plattform finmar sollten allerdings noch ein Video über sich erstellen. Businesspläne sind grundsätzlich nicht erforderlich!
  4. Sicherheiten sind nicht Voraussetzung. Bei einigen Plattformen für Privatkredite kann man seine Glaubwürdigkeit aber steigern, indem man z.B. sein Kfz als Sicherheit bereit stellt.
  5. Auch wenn ich keine Beweiszahlen vorlegen kann, können Sie davon ausgehen, dass die Quote der erfolgreichen Fundings erheblich höher liegt als die Zusagequote bei anderen Finanzierungswegen.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass über Crowdlending viele Unternehmen (und auch Privatpersonen) einen Kredit erhalten, die von Banken keinen bekommen und das zu einem erheblich niedrigeren Zeitaufwand als bei alternativen Finanzierungsarten.

Nachteile des Crowdlending

  1. Je nach Bonitätsbeurteilung der Plattform und der einer Bank, könnte es sein, dass die Bank einen attraktiveren Zins anbietet. Jedenfalls sind die Zinsen beim Crowdlending höher als bei Förderkrediten. Doch vor der Annahme des Bankkredites noch abwägen, ob der Marketingeffekt über das Crowdlending nicht doch den höheren Zinsaufwand aufwiegt!
  2. Ist das doch eher eine theoretische Überlegung, hat ein anderer Aspekt sehr praktische Auswirkung. Die vergebenen Laufzeiten über dem Crowdlending sind eher kurz. Es geht hier aktuell um Monate oder wenige Jahre.
  3. Vor allem muss bei der Kredithöhe berücksichtigt werden, dass es anders als bei Bankkrediten keine tilgungsfreien Zeiten gibt. Ab dem ersten Monat ist die Annuität zurück an die Anleger zu zahlen.
  4. Während des Fundings sollten Sie für Fragen der Anleger zur Verfügung stehen. Der tägliche Check und das Antworten kostet Zeit, ist aber im Crowdlendingbereich anders als beim Crowdinvesting noch absolut überschaubar.

Für wen ist Crowdlending geeignet?

Auch Crowdlending löst nicht alle Finanzierungsprobleme und ist auch längst nicht für alle geeignet. Aus den oben genannten Angaben ergeben sich schon wichtige Einschränkungen. Außerdem sind die Kreditbetragshöhen eher beschränkt. Sechsstellige Beträge bekommen Sie derzeit kaum eingesammelt über das Crowdlending. Aber Crowdlending für Unternehmen ist hierzulande auch erst seit diesem Jahr sinnvoll möglich. Es wird hier noch viel Bewegung geben. Die Entwicklung liegt noch vor uns, was insbesondere sichtbar wird, wenn man mal in den angelsächsischen Raum blickt.

Für folgende Unternehmer eignet sich das Crowdlending:

  • seit mindestens zwei bis drei Jahren bestehende Kapitalgesellschaften mit Kreditbedarf bis zu 150.000 Euro
  • Gründer, Einzelunternehmer oder Personengesellschaften können persönlich (privat) bis zu 25.000 Euro leihen
  • Voraussetzung: positive Gewinne/Einkommen, mit denen der Kreditbetrag rückzahlbar gewesen wäre und keine Negativmerkmale in Auskunfteien, wie schlechte Zahlungsmoral oder gar Zwangsvollstreckung, keine aktuelle Sanierungssituation

Welche Crowdlending-Plattformen gibt es?

Crowdlending-Plattformen

Die folgende Übersicht stellt alle mir bekannten deutschen Crowdlending-Plattformen anhand von drei Dimensionen dar: maximaler Kreditbetrag, maximale Kreditlaufzeit, Zielgruppe.

  • Lendico, Auxmoney und smava bedienen Privatpersonen, lassen aber auch Selbständige zu, wobei Auxmoney die einzige dieser Plattformen ist, die explizit Gründer als Zielgruppe benennt. Wie sie bei Gründern sinnvoll die Bonität prüfen wollen, bleibt ihr Geheimnis. Die anderen beiden Plattformen schließen Gründer aus genau diesem Grund explizit aus.
  • Finmar richtet sich bewusst an Gründer, aber auch an bestehende Unternehmen. Zencap und Bettervest richten sich an am Markt etablierte Kapitalgesellschaften.
  • Bettervest ist hier aber ein Exot. Dort werden ausschließlich Energiesparprojekte gefundet. Der größte Teil der eingesparten Kosten wird an die Investoren ausbezahlt.

Crowdlending Problem: Was, wenn das Geld nur zum Teil zusammen kommt?

Es gilt das „Alles oder nichts“-Prinzip. Kommt die Finanzierung nicht zustande, brauchen die Investoren, die sich schon bereit erklärt haben Sie zu unterstützen, kein Geld zu überweisen.

Achtung: Crowdlending-Plattformen erheben Gebühren

Mit Gebühren finanzieren sich die Plattformen. Hier finden Sie eine Übersicht der veröffentlichten Angaben. Beachten Sie bitte, dass die Zinssätze nicht direkt vergleichbar sind, weil sie sich nach Bonitäten richtet. Nicht nur, dass diese sehr unterschiedlich eingeschätzt werden kann, sind auch die angesetzten Mindest- und Höchstbonitäten sehr unterschiedlich.

Crowdlending-Preisvergleich

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