MVP erstellen – Schneller am Markt mit Minimum Viable Products

Euer Produkt zu entwickeln, ist eine der größten Startup-Herausforderungen. Ihr könnt hier viel Geld, Zeit und Kraft verbrennen. Oder es clever anstellen …

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Ein Minimum Viable Product, kurz MVP, kann Startups den Markteintritt mit ihren Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen erleichtern: Weniger Risiko bei der Produktentwicklung, schnelles Anwender-Feedback für höchste Nutzerfreundlichkeit und geringerer Aufwand: Die Methode wird seit fast 20 Jahren angewendet, Gründerküche zeigt euch, worauf es bei der Umsetzung ankommt.

Der Start in den Markt

Ein perfektes, ausgereiftes Produkt an den Markt bringen zu können, ist mit erheblichem Aufwand verbunden, finanziell und zeitlich. Für Startups stellt das eine große Herausforderung dar. Denn bei der Produktentwicklung auf herkömmlichem Wege, mit einem Markteintritt nach Abschluss der Entwicklungsphase, gibt es keine Einnahmen und kaum Input von außen.

Lean Management für weniger Risiko

Deshalb ist nach wie vor einer der Hauptgründe für das Scheitern von Startups, dass sie mit Produkten und Dienstleistungen antreten, für die es keinen Markt gibt. Solche Schwierigkeiten versuchen Unternehmen, kleine wie große, seit zwei Jahrzehnten mit dem Lean Startup-Konzept zu vermeiden.

Das Prinzip dahinter dreht sich um die Entwicklung von Prototypen, aus denen Schritt für Schritt das fertige Endprodukt entsteht. Auf diese Weise kann noch während der Entwicklungsphase auf notwendige Veränderungen reagiert werden. Ein frühzeitiges Scheitern des gesamten Startup-Projekts könnt ihr damit in der Regel vermeiden.

Stattdessen erhaltet ihr ausreichend Gelegenheit, um Informationen für die Weiterentwicklung und Vermarktung eures Produkts oder eurer Dienstleistung zu sammeln. Kein Zufall also, dass unsere Gründerstories voll sind mit Beispielen von Startups, die auf diesem Weg ihre ersten Schritte unternommen haben.

Mehr darüber erfahrt ihr hier: Lean Startup Methode: So entwickelt Ihr schlank und schnell Geschäftsmodelle

Minimum Viable Product – Was ist ein MVP?

In diesem Umfeld ist das Konzept des Minimum Viable Products entstanden, worunter die erste minimal funktionsfähige Version eines Produkts oder einer Dienstleistung zu verstehen ist. Es ist keineswegs gemeint, dass hierbei minimale Produkte entwickelt werden.

Der Begriff beschreibt vielmehr den Punkt der Entwicklung, an dem ihr ein Produkt mit minimalstem Aufwand und Funktionsumfang präsentieren könnt, das euch aber gleichzeitig qualitative Rückmeldungen von Nutzern erlaubt. Mit einem MVP könnt ihr ein Produkt oder einen Service unter realistischen Bedingungen zu einem Test anbieten, allerdings nur mit den wirklich notwendigen Funktionen.

In welcher Form ihr euer MVP umsetzt, hängt von eurem geplanten Geschäftsmodell und natürlich von der Art des Produkts oder der Dienstleistung ab. Produkt-Prototypen, Modelle oder Muster sind gebräuchliche Optionen im herstellenden Gewerbe, Beta-Versionen oder Landingpages kommen im digitalen Bereich zum Einsatz. Grundsätzlich eignet sich das Konzept für sehr unterschiedliche Branchen.

„MVP erstellen“ als Prozess: Die Vorgehensweise

Ein MVP ist keineswegs der erste Schritt auf dem Weg zum finalen Resultat, es ist vielmehr ein wichtiger Zwischenschritt. Ab hier geht es darum, so viel wie möglich von den Anwendern über euer Produkt, euren Service oder euer Geschäftsmodell zu erfahren. Die Nutzererfahrung steht bei allen weiteren Entwicklungsschritten im Mittelpunkt, es gilt das Prinzip des UX-zentrierten Lernens.

Die Rückmeldungen der ersten Anwender könnt ihr in zwei Bereichen nutzen:

  1. Das angebotene MVP als solches kann angepasst werden.
  2. Ihr erhaltet die Möglichkeit, das ursprüngliche MVP um neue Funktionen zu erweitern, sofern dies von den Nutzern als Bedürfnis formuliert wird.

Der gesamte Prozess besteht aus drei Säulen: „Build“, „Measure“ und „Learn“.

BUILD – Schritt 1 zum MVP

Das „Bauen“: Am Anfang steht die intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Zielgruppe und mit der Frage, wie diese im Zusammenhang mit eurem Produkt priorisiert werden können. Ihr arbeitet auf diese Weise den zentralen Nutzen heraus und entwickelt auf dieser Grundlage die erste Version von eurem Produkt oder eurem Service.

MEASURE – Schritt 2 zum MVP

Das „Messen“: Nach dem „Build“ erhalten Early Adopter – also die ersten Anwender – die Gelegenheit zu Tests, die euch qualifizierte Zahlen und Rückmeldungen geben. Eventuell ist es dabei sinnvoller, erst auf kleineren Märkten aktiv zu werden. Das verringert zwar die Quantität des Feedbacks, vereinfacht aber die Auswertung.

LEARN – Schritt 3 zum MVP

Das „Lernen“: Die Auswertung ist im Grunde schon Bestandteil von Schritt 3 („Learn“), denn auf der Grundlage der Analyse könnt ihr das weitere Vorgehen planen. Im Idealfall entwickelt ihr mit den gewonnenen Informationen eine weitere Version des MVP und trefft damit die Kundenbedürfnisse noch besser.

Diese Phase kennzeichnet gleichzeitig einen Übergang von einem Design-Thinking-Ansatz in das Lean Management. Darin geht es nicht mehr nur um das Produkt allein, sondern um das damit zusammenhängende Geschäftsmodell.

Welche Vorteile bietet ein MVP?

Dass sich der MVP-Ansatz bereits seit 20 Jahren in der Startup-Szene (und darüber hinaus) halten kann, hat seine Gründe. Denn trotz des anfänglichen Mehraufwands bei der Initialisierung einer Produkt- oder Service-Idee, erhalten Gründer auf diesem Weg mehr Sicherheit. Warum ist das so?

  • Durch den Design-Thinking-Ansatz könnt ihr schon während des Entwicklungsprozesses des MVP abschätzen, ob eure Idee von den Kunden überhaupt angenommen wird. Die Frage, ob ihr gerade an einem marktrelevanten Produkt oder Service arbeitet, könnt ihr also schon früh beantworten – und nicht erst am Ende der Entwicklungsphase.
  • Mit einem MVP müsst ihr geringere finanzielle Risiken tragen. Um Rückschlüsse auf die Marktrelevanz ziehen zu können, reicht ein frühes Entwicklungsstadium eurer Idee aus. Damit lauft ihr nicht Gefahr, viel Geld in ein Produkt oder eine Dienstleistung zu stecken, die am Ende keine Kunden findet.
  • Ihr könnt Entwicklungsprozesse beschleunigen, weil die Nutzererfahrungen frühzeitig in das weitere Vorgehen einfließen können. Darüber hinaus gestaltet ihr euer Produkt immer entlang der Kundenbedürfnisse, die euch konkrete Verbesserungspotenziale aufzeigen können.

Abgesehen davon erhaltet ihr mit einem MVP die Möglichkeit, gewünschte Veränderungen nicht nur schnell vorzunehmen, sondern diese auch schnell in die nächst Version zu integrieren. Die Reaktionsgeschwindigkeit auf die Anforderungen des Marktes steigt also ebenfalls. Je schneller ihr Anpassungen umsetzen könnt, desto größer ist außerdem die Wahrscheinlichkeit, Kunden an euer Produkt oder euren Service zu binden.

Gibt es beim MVP auch Nachteile?

Prominente Beispiele für Startups, die mit ihren MVP-Anfängen schnell zu großen Marken gewachsen sind, gibt es reichlich. Das heißt allerdings nicht, dass die Entwicklungen von Dropbox, Twitter und anderen typisch für Lean Startups mit MVP-Einsatz sind.

Gerade für App-Entwickler kann sich der MVP-Ansatz als problematisch erweisen. Markt und Angebot wachsen in diesem Bereich sehr schnell, deswegen ist es für die Nutzer leicht, zu einem Konkurrenz-Produkt zu wechseln. Das Risiko ist umso größer, je weiter die angelegten Mindeststandards der Wettbewerber auseinanderliegen.

Das gilt allerdings übergreifend. Wenn ein Produkt oder ein Service im direkten Vergleich bereits eine bessere Qualität bietet, besteht für die Anwender womöglich kein Anreiz mehr, sich die „schlechtere“ Alternative überhaupt anzusehen. Unter solchen Voraussetzungen könnt ihr den notwendigen Lernprozess für die Weiterentwicklung nur schwierig vorantreiben, weil ihr kein oder zu wenig Feedback erhaltet.

Noch gravierender ist dieser Aspekt im B2B-Bereich, in dem etablierte Unternehmen als Kunden erreicht werden sollen. Wer hier mit seinem Produkt oder Service einen Mehrwert verspricht, bekommt möglicherweise keine zweite Chance, wenn die gewünschten Ergebnisse ausbleiben. Das gilt für die Entwickler von Software für automatisierte und selbstlernende Prozesse, die das Energiemanagement optimieren sollen, genauso wie für Anbieter von Cloud-Lösungen für Unternehmens-IT.

Das Lean Startup-Modell kann zwar auch in einem B2B-Umfeld funktionieren, das setzt aber eine gewisse Offenheit der Partner voraus. Denn wo ihr als Startup von geringeren Risiken profitiert, sind sie für große Unternehmen womöglich umso schwerwiegender. Neue Lösungen müssen funktionieren, um laufende betriebliche Prozesse nicht zu stören.

Minimum Awesome Product (MAP) statt MVP als Alternative?

Weil selbst ein unter Gründern so weit verbreiteter Ansatz wie das MVP gewisse Grenzen hat, ist aus diesem Konzept heraus die Idee des MAP entstanden. Das Minimum Awesome Product funktioniert in weiten Teilen ähnlich wie das MVP. Es verfolgt bei der Entwicklung aber einen anderen Schwerpunkt.

Der liegt beim MVP vorrangig auf der Funktionalität. Ein Produkt oder ein Service kann prinzipiell genutzt werden, der Aspekt der User Experience wird im Nachgang verbessert. Unter Umständen bedeutet das aber eine rudimentäre Ausstattung, die über die reine Funktionalität hinaus nicht begeistern kann.

Für Erstanwender mit höheren Ansprüchen unter Umständen ein Grund, schon nach kurzer Dauer eine attraktivere Alternative zu suchen. In genau diesen veränderten Ansprüchen, vor allem im Umgang mit neuen Technologien, sieht etwa Carlos Beneyto eine der wichtigsten Ursachen, warum neue Produkte und Services inzwischen mehr leisten müssen als im Rahmen ihres Entwicklungsstandes perfekt zu funktionieren.

Welcher Weg sich für euer Startup besser eignet, hängt aber von vielen Faktoren ab. Welchen Markt und welche Zielgruppe wollt ihr bedienen? Wie sind deren Erwartungen einzuschätzen? Welche Möglichkeiten habt ihr, um mit einem Produkt an den Markt zu gehen, das bereits „awesome“ ist, ohne seinen finalen Status erreicht zu haben?

Nicht zu vergessen die Faktoren Zeit und Geld, die Gründer immer im Blick haben müssen. Gerade deshalb ist aber sinnvoll, sich über passende Ansätze bei der Produktentwicklung zu informieren, bevor die ersten Schritte getan werden. MVP und MAP bieten in jedem Fall beide interessante Konzepte, die Startups schnell weiterbringen können.

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