Gründerstory Rafiki Power – E.ON Ausgründung für Mini-Grids
Autarker Strom in Afrika – die Lösung eines dramatischen Problems geht Rafiki Power in Tansania an. Die Lösung: Mini-Grids.
Wie das funktioniert, erfahrt ihr in unserem neuen Portrait aus unserer Reihe von Gründerstories.
Name: Rafiki Power Startup aus: Düsseldorf / Tansania Gegründet: 2013 Webseite: www.rafikipower.com
Das ist unser Produkt:
Unser Endprodukt ist ganz normaler Strom. Das Besondere dabei ist aber, dass wir Mini-Grids bauen. Mini-Grids sind autarke Stromnetze, die nicht an das nationale Stromnetz angeschlossen sind. Sie erzeugen die Energie direkt vor Ort, können ganze Dörfer verlässlich mit Strom versorgen und sind beliebig skalierbar. Den Strom erzeugen wir über Solaranlagen und speichern ihn in Batterien. Über normale Kabel wird der Strom dann an unsere Kunden geleitet.
Für die meisten unserer Kunden bedeutet die Installation eines Mini-Grids, dass sie zum ersten Mal im Leben verlässlichen Zugang zu Strom haben. Für viele von uns kaum vorstellbar, für 1,2 Milliarden Menschen weltweit aber leider die alltägliche Realität.
Unser Slogan
“We aspire to become the preferred solutions provider for decentralized renewable energy in developing countries – to drive empowerment and social inclusion of our customers.”
Das sind unsere Kunden…
Unsere Hauptkunden sind aktuell Dorfbewohner in ländlichen Gebieten Tansanias. Zusätzlich haben mehrere Unternehmen aus den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft und Kommunikation, die nicht an das nationale Stromnetz in Tansania angeschlossen sind und ihre Anlagen mit umweltschädlichen Dieselgeneratoren betreiben, bereits ihr Interesse an unserem Produkt bekundet.
Das sind unseren Konkurrenten …
Powerhive, PowerGen, Powercorner, Jumeme
Der Pitch
Solar Mini-Grids versorgen ländliche Dörfer Afrikas rund um die Uhr mit erneuerbarer Energie und sorgen dabei nicht nur für die soziale Integration der Dorfbewohner, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag für die Erreichung von internationalen Klimazielen.
Unser USPs / Das unterscheidet uns von unseren Konkurrenten
Nach 3 Jahren und 8 Pilotprojekten haben wir eine speziell auf Mini-Grids zugeschnittene IT Plattform entwickelt und alle technischen Komponenten standardisiert. Das ermöglicht es uns heute, Mini-Grids effizient zu entwickeln und an entlegenen Orten zu geringen Kosten zu betreiben. Anders als bei nationalen Stromnetzen können mit Mini-Grids teure Übertragungsleitungen gespart und Stromverluste vermieden werden, da der Strom einfach direkt vor Ort erzeugt wird. Gegenüber kleineren Solaranlagen, welche beispielsweise direkt auf dem Dach eines Dorfbewohners installiert werden, erlauben Mini-Grids eine höhere elektrische Leistung, den Betrieb von Maschinen und schaffen gleichzeitig die in afrikanischen Dörfern so dringend benötigte Infrastruktur, die als absolute Grundlage jeglichen (ökonomischen) Fortschritts dient.
Deshalb sind wir Gründer & Unternehmer …
Wir lieben es Probleme zu lösen. Und es ist doch viel motivierender, bekannte und gravierende Probleme anzugehen, wie etwa die Herausforderung, dass 1,2 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Strom haben, als in (über)entwickelten Gesellschaften nach „neuen“ Problemen zu suchen.
So kam uns die Idee, das haben wir vorher gemacht …
Durch Zufall. Unser Gründer, Daniel Becker, wurde bei einem Kaffee darauf aufmerksam gemacht, dass weltweit immer noch mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Stromnetzen haben und dies doch eine gigantische Herausforderung sei und gleichzeitig eine riesige Chance darstellen würde. Er war sofort begeistert, gründete innerhalb des E.ON :agile Accelerator Programms ein eigenes Projekt und setzt es bis heute konsequent und erfolgreich um.
Stichwort Lean Startup: So haben wir unsere Zielgruppe vorab getestet …
Direkt zu Beginn haben wir viele Konferenzen vor Ort in Afrika besucht, erste Kontakte geknüpft und sind wochenlang durch ländliche Regionen gereist, um unsere Kunden und deren Lebensumstände und Bedürfnisse zu verstehen. Sobald wir eine Idee für ein Geschäftsmodell entwickelt hatten, haben wir einen ersten Piloten geplant und umgesetzt, um das Konzept so schnell wie möglich zu testen.
So wurde aus der Geschäftsidee ein echtes Unternehmen …
Mit den Erfahrungen des Piloten im Rücken haben wir „gepitcht“ und erfolgreich eine weitere Finanzierungsrunde durchgeführt. Anschließend haben wir begonnen, das Team aufzustellen, die Unternehmensprozesse aufzusetzen und die nächste Phase des Business Plans in die Tat umzusetzen.
Jede Firma braucht einen Namen – unseren fanden wir so …
Wichtiger als unser Unternehmensname ist für uns der Markenname. Unter „Rafiki Power“ interagieren wir in Tansania mit unseren Kunden. Auf Swahili, der Landessprache Tansanias, bedeutet Rafiki „Freund”. Rafiki Power heißt frei übersetzt also: “Der freundliche Strom”. Getreu dem Motto das Produkt ist am Anfang wichtiger als die Marke, haben wir unsere initialen Bemühungen zunächst komplett auf die Optimierung der Mini-Grids ausgerichtet. „Rafiki Power“ war aus einem kurzen Brainstorming mit unseren Kollegen in Tansania entstanden und für gut befunden worden. Später haben wir uns dann noch einmal hingesetzt und einen aufwändigen Workshop zur Markenfindung veranstaltet, nur um am Ende zu realisieren, dass wir die Marke „Rakifi Power“ eigentlich alle super finden. Da sie auch bei unseren Kunden auf viel Gegenliebe stößt, haben wir es dann einfach bei dem anfänglichen Vorschlag unseres Kollegen aus Tansania belassen. 😊
Hier unser Business Model Canvas …
Mit diesem Executive Summary haben wir uns erfolgreich beworben …
Die weltweit 1.2 Milliarden Menschen ohne Zugang zu Stromnetzen geben jährlich ca. 27 Milliarden USD für Licht und Ladung von Mobiltelefonen aus. Dabei sind sie auf Alternativen angewiesen, die nicht nur unökonomisch und umweltschädlich sind, sondern oft auch gefährlich für die Gesundheit (z.B. Petroleumlampen oder alte Dieselgeneratoren). Die Internationale Energieagentur schätzt, dass 70 Prozent aller Stromanschlüsse in Afrika am kostengünstigsten durch dezentrale Energielösungen realisiert werden können, wovon 65 Prozent Mini-Grids sein sollten. Konservativ gerechnet entspricht dies einem potenziellen Investitionsvolumen von mehr als 100 Milliarden USD und 10-20 Milliarden USD an jährlichen Einnahmen. Gleichzeitig ist Afrika ein gigantischer Wachstumsmarkt, in dem sich der Energiebedarf, getrieben von ökonomischem Fortschritt und hohem Bevölkerungswachstum, in den nächsten Jahren vervielfachen wird.
Unser Pilotprojekt in Tansania hat gezeigt, dass ländliche Dorfbewohner finanziell in der Lage sind für Strom zu bezahlen und dies auch tatsächlich tun. Durch technologischen Fortschritt und dem in Ostafrika weitverbreitetem „Mobile Money System“ können wir Zahlungen digital empfangen und ein effizientes Kunden- und Mini-Grid-Management realisieren.
Das Startkapital haben wir eingeworben, indem wir …
… als Teil des Corporate Accelerator Programms „:agile“, das E.ON 2013 ins Leben gerufen hat, gegründet wurden. „:agile“ unterstützt Ideengeber mit kleinen Investments ihre Geschäftsideen im Bereich flexible Energielösungen zu verwirklichen und zu marktfähigen Geschäftsmodellen zu entwickeln. In einer zweiten Finanzierungsrunde haben wir erfolgreich zwei weitere Konzernbereiche von E.ON überzeugt, das entsprechende Wachstumskapital zur Verfügung zu stellen.
Das sind bisher unsere wichtigsten Meilensteine …
Das erste Dorf „Komolo“ in Tansania war der Startschuss. Die Energie und Dankbarkeit der Kunden vor Ort haben uns motiviert, ausdauernd weiterzumachen und an unsere Idee und Vision zu glauben. Nach anfänglich 46 Haushalten versorgen wir inzwischen über 900 mit Strom. Als einer der fortschrittlichsten Entwickler in Tansania, betreibt Rafiki Power derzeit acht Mini-Grids im Land und hat bereits 28 weitere Projekte in Planung.
Ein technischer und organisatorischer Meilenstein war unsere bislang größte Installation, mit der im Juni 2017 in den nebeneinanderliegenden Dörfern „Chang‘ombe“ und „Dongo“ über 350 Haushalte angeschlossen wurden.
Wichtige Grundlage unseres bisherigen Erfolges ist ein super Team in Tansania, wo wir aktuell 13 Mitarbeiter beschäftigen von denen fast alle in Tansania auch ihre Wurzeln haben.
Was uns am Ende des Tages stolz macht, sind aber vor allem die vielen kleinen Geschäfte zu deren Gründung wir mit der Elektrifizierung von Dörfern beigetragen konnten, unsere glücklichen Kunden und der nachhaltige Fortschritt in jedem einzelnen Dorf.
Das ist unsere Vision… und das die nächsten wichtigen Meilensteine …
Rafiki Power möchte Menschen in Entwicklungsländern eine zuverlässige Stromversorgung zur Verfügung stellen und die Lebensqualität nachhaltig verbessern. In den nächsten 5 Jahren wollen wir über 100 Dörfer elektrifizieren, um Strom in Tausende ländliche Haushalte von Tansania zu bringen. Traum und Vision ist eine Welt, in der jeder Mensch verlässlichen Zugang zu Strom hat.
Diese Personen und Institutionen haben uns besonders geholfen …
In der initialen Phase war die GIZ durch die Organisation der ersten Reisen nach Tansania eine große Hilfe. Später hat EEP mit finanzieller Unterstützung von mehreren Pilotprojekten einen wichtigen Beitrag geleistet und zu guter Letzt muss natürlich auch E.ON genannt werden, die uns bislang vollständig finanziert haben und unsere gesamte Entwicklung erst möglich machen.
Wie groß war das Team beim Start? Und jetzt?
Daniel Becker ist 2013 alleine in das Projekt gestartet und hat in den ersten 3 Monaten zwei Mitstreiter gewinnen können. Heute, vier Jahre später, besteht das Rafiki Power-Team aus mehr als 25 Mitarbeitern aus neun Nationen, die an den Standorten in Düsseldorf, Deutschland und Arusha, Tansania arbeiten.
Von wichtigsten Marketing- & PR-Aktionen bisher …
Wenn es um die Elektrifizierung von Dörfern geht, ist Marketing definitiv nicht der wichtigste Aspekt des Business Models. Viel wichtiger ist es, Dorfbewohner und nationale Behörden in die Entwicklung des Stromnetzes miteinzubeziehen und ihnen das Konzept eines Mini-Grids zu erklären. Das machen wir mittlerweile schon sehr früh im Prozess und schaffen somit die Basis für gegenseitiges Vertrauen.
Kundenservice: So bauen wir an unserer Kundenzufriedenheit …
Unser Team in Tansania ist über mehrere Wochen in den Gegenden vor Ort. Bevor wir überhaupt ein Projekt in einem neuen Dorf starten, sprechen wir zunächst mit dem Dorfrat, der die Anliegen der Dorfbewohner vertritt. Wenn dieser überzeugt ist, reden wir mit den Bewohnern der Dörfer, beziehen sie mit ein und erklären ihnen das Konzept eines Mini-Grids. Das bindet und schafft Vertrauen.
Besonders wichtige Werte liegen für Rafiki Power in der Zusammenarbeit: Freundlichkeit, Vertrauen, Integrität, Verantwortung.
Das würden wir nicht wieder tun, bzw. diesen Fehler würden wir beim nächsten Mal vermeiden …
Anfangs haben wir gedacht, dass wir den Menschen in den Dörfern von Tansania Strom liefern und sie diesen dann sofort nutzen könnten. Wir haben ziemlich schnell lernen müssen, dass das leider nicht ausreicht, weil Menschen ohne Stromanschluss in der Regel auch keine elektrischen Geräte besitzen. Eigentlich logisch, bedacht hatten wir es trotzdem nicht. Heute bieten wir Dorfbewohnern energieeffiziente Produkte an, was für uns eine zusätzliche Einnahmequelle darstellt und unseren Kunden eine verlässliche Möglichkeit bietet, den verfügbaren Strom auch tatsächlich nutzbar zu machen.
Ein weiterer Fehler war, dass wir zu Beginn wahrscheinlich etwas zu schnell zu viele Mini-Grids gebaut haben. Auch wenn wir dadurch sicherlich viel lernen konnte, hätte ein langsameres Vorgehen mit etwas mehr Iterationsschleifen uns wahrscheinlich nicht geschadet.
Die letzte und wichtigste Erkenntnis ist bislang, dass man in einem Startup nicht die Mitarbeiter einstellen sollte, die man aktuell benötigt, sondern idealerweise direkt die Art von Mitarbeitern, welche langfristig benötigt werden, um Übergaben zu vermeiden und zusammen mit dem initialen Team wachsen zu können.
Krisen? Wir haben sie gemeistert durch …
Unsere größte Krise hatten wir, als es in zwei Dörfern in Tansania zu politischen Machtkämpfen zwischen den Dorfältesten kam und wir plötzlich ein fest eingeplantes Projekt nicht realisieren konnten. Viele Bestandteile des Mini-Grids konnten wir zum Glück in einem anderen Dorf nutzen, allerdings hat uns diese Erfahrung definitiv gelehrt, unsere Systeme so modular und flexibel wie möglich zu gestallten. Heute ist unsere technische Lösung soweit standardisiert, dass wir bei Problemen sehr flexibel reagieren und zur Not auch kurzfristig den Installationsort ändern können.
So sieht unser Büro heute aus. So wünschen wir uns das zukünftig …
Unsere Büros in Tansania und Deutschland sind super unterschiedlich. Unser Hauptsitz in Düsseldorf ist in einem Hochhaus, wir nutzen eine Gemeinschaftskantine, es gibt Sitzsäcke und Kicker und einen Kühlschrank mit Bier. Bis auf das Hochhaus also ein klassisches Startup. 😊
In Tansania haben wir ein größeres Haus mit Garten in unser Büro umfunktioniert, haben 2 Hunde und manchmal Affen, die uns besuchen. Zwei „Mamas“, wie sie in Tansania genannt werden, sorgen für die Verpflegung unserer Mitarbeiter. Früher wurden einige Zimmer des Hauses von unseren Mitarbeitern sogar als Unterkunft genutzt, heute sind wir allerdings zu viele dafür.
Helden & Vorbilder – Wir würden gern … begegnen und folgendes fragen …
Daniel Becker: Die Person, die mich immer am meisten inspiriert hat, ist meine Oma. Auch wenn das vielleicht ungewöhnlich klingen mag, inspiriert sie mich immer wieder. Obwohl sie zwischen Trümmern aufgewachsen ist, in der Kinderlandesverschickung war und deshalb keinen Schulabschluss hatte, hat sie drei Söhne großgezogen und alle durch die Uni gebracht. Sie ist dabei immer humorvoll, ausdauernd und positiv gewesen, was bestimmt nicht einfach war und mich absolut beeindruckt hat.
Work-Life-Balance: So halten wir uns fit und motiviert …
In Düsseldorf sorgen hartumkämpfte Kicker-Partien während der Mittagspause für den nötigen Fitnessfaktor. Nach Feierabend zocken wir dann auch gerne eine Runde auf dem echten Grün oder spielen Volleyball am Rheinstrand. In Tansania liegt der Sport quasi in der Arbeit: Wenn es an die Installationen geht, packt jeder irgendwo mit an. In diesem Moment sorgen alle gemeinsam dafür, dass aus Ideen und Visionen ein sinnvolles Projekt wird und genau das motiviert uns, immer weiterzumachen.
3 Internetseiten, ohne die wir nicht Leben & Arbeiten können …
- Google Maps
- Email Webbrowser
3 Mobile Apps, ohne die wir nicht Leben & Arbeiten können…
- Google Maps
- Whats App
- Skype
3 Leute, deren Kanälen wir regelmäßig folgen …
Informationsquelle Nummer eins ist für uns nach wie vor die Zeitung, sowohl in Deutschland als auch in Tansania. Um für gute Stimmung im Büro zu sorgen, folgen wir vielen unterschiedlichen Künstlern auf Spotify.
3 Bücher, die man als Gründer unbedingt gelesen haben sollte …
- John Steinbeck – Jenseits von Eden
- Hermann Hesse – Siddhartha
- Robert M. Pirsig – Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten
Überblick Unternehmensdaten Rafiki Power
Name: | Rafiki Power |
Logo: | |
Gründungsdatum: | E.ON Off Grid Solutions (EOGS), in Tansania unter dem Namen “Rafiki Power” bekannt, wurde im Juli 2013 als Teil des E.ON Accelerator Programms „:agile“ gegründet. |
Gesellschaftsform (heute/angestrebt): | E.ON Off Grid Solutions ist eine GmbH und hat eine Niederlassung in Tansania. |
Gründer: | Daniel Becker ist Gründer und Managing Director von E.ON Off Grid Solutions. |
Gesellschafter: | E.ON Climate & Renewables, E.ON Connected Technologies |
Geschäftsführer: | Daniel Becker (Geschäftsführer): Sitz in Deutschland (Düsseldorf) und Tansania (Arusha) mit mehr als 25 Mitarbeitern aus neun verschiedenen Nationen. Das Team spricht elf verschiedene Sprachen, darunter Englisch, Swahili und Deutsch. |
Website: | www.rafikipower.com |
Firmensitz: | E.ON Off Grid Solutions GmbH * Völklinger Straße 4 * 40219 Düsseldorf und P.O. Box 267 * Arusha, Tansania |