Keinen Freeride von mir! Investment-Punk Gerald Hörhan über Startup-Finanzierung, Werte und sein Rezept für Erfolge

Der Mann präsentiert sich gern vor teuren Sportwagen und in Partylaune – Gerald Hörhan könnte man getrost das Enfant terrible der Investmentbranche nennen. Doch hinter dem punkigen Outfit stecken klare und bodenständige Geschäftsgebaren.

Was soll man davon halten, wenn der schwerreiche weil erfolgreiche Investmentmanager Gerald Hörhan zum Interview ausgerechnet ins A&O Hostel am Berliner Hauptbahnhof lädt? Steckt hinter den Mauern des wenig attraktiven Zweckbaus ein wildes Punkhotel? Oder sitzt man als Redakteur letztlich allein da? Nichts von alledem – Hörhan schockt zwar mit wildem Äußeren, lebt aber dort wo möglich sparsam.

Herr Hörhan, in ihrem aktuellen Buch „Null Bock Komplott: Warum immer die Weicheier Karriere machen und wie ihr es trotzdem schafft“ schreiben Sie, Gewinn machen die Feiglinge. Warum ist das so?

Na was ist denn die Antwort auf die vergangenen zwei Finanzkrisen: Leistungsträger, Vermögende, Denker gelten als böse Leute, die bestraft werden müssen. Die Abteilungen, die heute in den Banken am schnellsten wachsen sind die zur Compliance und Recht – also zur Überwachung! Da gibt es die meisten Stellen, werden die besten Gehälter gezahlt. Die wahren Gründe der vergangenen Krisen werden ignoriert: Zuviele Konsumenten haben zuviele Schulden gemacht. Da waren Kreditverkäufer anstatt Banker unterwegs. Und heute zählt Leistung plötzlich nichts mehr!

Was heißt das für junge Unternehmer, Startups – wie stellen sie es an, erfolgreich zu sein?

Ein gut funktionierendes Business stiftet Wert: für den Unternehmer, für den Kunden, die Mitarbeiter. Eine überteuerte Lebensversicherung stiftet keinen Wert. Wenn Sie ein Lehrer sind, der seinen Schüler erklärt, wie Wirtschaft funktioniert – dann stiften Sie einen Wert. Wenn Sie ein Lehrerbürokrat sind, der der Welt erklärt, warum Lehrer nicht mehr als 20 Stunden in der Woche arbeiten dürfen – dann stiften Sie keinen Wert.

Und das schaue ich mir bei einem Startup am Anfang schon sehr genau an: Welchen Wert stiftet das Produkt oder die Dienstleistung?

Nun gibt es viele Gründerideen – doch nur wenige Startups werden erfolgreich. Weshalb ist das so?

Erster Punkt: Mangelnder Vertrieb! Viele Unternehmer erzählen viel von ihrem Produkt und wie geil es ist. Aber sie erzählen mir nicht, wie sie es vertreiben. Übrigens: das ist eng damit verknüpft, welchen Wert das Produkt stiftet – hat es nämlich einen, dann kann ich es auch verkaufen.

Und Punkt 2?

Vernünftiger Umgang mit Geld! Wenn sie sich als Startup zuerst ein schönes Büro und große Dienstautos kaufen, wenn sie kein richtiges Cashflow-Management, keine ordentliche Buchhaltung haben, wenn sie überbordenden Bewertungsvorstellungen nachhängen – gehen sie bankrott!
Sehen Sie: ein Startup heißt ja nicht umsonst Startup. Wenn Sie dann mehr Mitarbeiter haben als ein mittelständiger Betrieb, der über Jahre gewachsen ist… das ist Verschwendungssucht. Die sehe ich in jeder Boomphase.

War es das schon an typischen Fehlern?

Nein, ein weiterer Grund, warum Startups häufig scheitern, sind Streitereien in der Gesellschaftsstruktur. Falsche Aufgabenverteilung, fehlende Know-how im Team.

Kakophonie: zuviele Menschen wollen mitreden. Und natürlich private Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern.

Angenommen, ein Startup ist ein gutes, kompetentes Team, ist sparsam und hat neben einem sinnvollen Produkt auch eine kluge Vertriebsstrategie – dann investieren Sie?

So einfach ist es nicht! Ich schaue mir viele weitere Details an: Zum Beispiel, wie viel Geld die Gründer in ihre Idee investieren!

Sollten sie das tun?

Ja.

Stopp mal: Prof. Faltin rät Gründern von Startups kategorisch davon ab, eigenes Geld zu investieren!

Mag sein, aus Sicht eines Gründers gibt man dieses Risiko gern weiter. Ich sehe es so: Wenn der Gründer kein eigenes Geld hat, bisher selbst keines verdient hat oder alles wieder ausgegeben hat oder sein Geld nicht in die Unternehmung investiert – also selbst nicht an die Idee glaubt – warum sollte ich das dann tun?


Ich gebe keinem Unternehmer einen Freeride!

Was ist Ihnen noch wichtig?

Die Vergütung der Geschäftsführung – ist die zu hoch, bin ich sofort raus. Auch unabdingbar: Besitz des intellectual properties und die Absicherung dessen. Alle Marken, alle Designrechte müssen der Firma gehören.

Wie testen Sie Startups vor einer Finanzierung?

Wir reden mit den Leuten, essen und trinken mit ihnen. Wir hören einfach zu: auch auf das, was andere über sie erzählen.


Zu später Stunde und unter Alkoholeinfluss sind die meisten keine guten Schauspieler.

 

Und natürlich müssen ein Businessplan und ein guter Finanzplan vorhanden sein. Die meisten Businesspläne haben wunderschöne Bilder und viel Blabla. Die wesentlichen Fakten fehlen aber. Maximal 20 Seiten inklusive Finanzplan, Rechtstruktur, Eigentümerstruktur, Informationen über die Patente, kein allgemeines Zeug über einen Markt – das weiss ich selbst – sondern klare Vertriebskonzepte – der Businessplan sollte voll von Fakten sein.


Viele Startups glauben, sie müssen cool sein. Das Business ist aber nicht cool sondern hart.

Sparsamkeit scheint Ihnen als Prinzip sehr wichtig?

Das ist doch ganz klar: Unternehmen leben nach ökonomischen Prinzipien. Sie müssen mehr einnehmen, als sie ausgeben. Durch Verschwendung, geile Autos, schöne Büros und teure Sekretärinnen ist noch kein Geld verdient. Und die erfolgreichsten Startups sind meist die, welche am Anfang kein üppiges Funding erhalten haben und gelernt haben, mit begrenzten Ressourcen erfolgreich zu sein.

Sie gelten selbst nicht als Kostverächter, Ihre Liebe zu Luxusautos ist bekannt…

Ich propagiere keinen Konsumverzicht. Aber es kommt darauf an, wie Sie das machen. Sie können einen Aston Martin günstig kaufen oder teuer.

 

Vortrag von Gerald Hörhan

Zur Person Gerald Hörhan

gerald-hoerhanGerald Hörhan wurde 1975 in Wien geboren und absolvierte als Bachelor of Arts in Wirtschaft und als Master in angewandter Mathematik mit magna cum laude die Universität in Harvard. Seit 2003 ist Gerald Hörhan selbständiger Investment Banker und Teileigentümer der Pallas Capital Holding AG. Sein Buch „Investment Punk“ machte ihn im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt. Seit 2011 betreibt Gerald Hörhan gemeinsam mit Harald Psaridis „Die Finanzschule“, bei der den Seminarteilnehmern die Grundbegriffe und das Handwerk zum Thema Geld und Investments näher gebracht werden. Bei seinen Auftritten schockt Hörhan mit provokant formulierten Aussagen und einem Kleidungsstil, der an die Punkerszene erinnert.

 

 

 

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