Marktmacht und Marktnähe: Torben Brodersen erklärt im Interview die Vorteile beim Gründen mit Franchise-Systemen
Franchising ist ein Wachstumsmarkt, der gerade Berufsfremden aber Gründungswilligen eine Chance zur Selbstständigkeit verschafft. Torben Brodersen, Geschäftsführer des Deutschen Franchise-Verbandes, erklärt, worauf es beim Franchise ankommt.
Über 1.000 Franchise-Systeme gibt es in Deutschland, bekannt ist diese Form der Selbständigkeit bei großen Fastfoodketten, doch auch Marken wie „Küchen & Co“, die Servicestores der Deutschen Bahn oder die Ladengeschäfte der Fotoquelle nutzen das Franchising. Mit 61 Milliarden Euro Umsatz und über einer halben Million Beschäftigten im Jahr 2012 ist das ein Wachstumsmarkt, der gerade Berufsfremden aber Gründungswilligen eine Chance zur Selbstständigkeit verschafft. Torben Brodersen, Geschäftsführer des Deutschen Franchise-Verbandes, erklärt die Chancen für Gründer.
Herr Brodersen, was spricht für die Franchise-Systeme aus Sicht junger Gründer?
Für Franchise-Nehmer, also jene Gründer, die eine Dependance eines bestehenden Systems starten, ist es vor allem Arbeitsteilung: Verantwortung und Risiken werden verteilt und damit minimiert.
Außerdem kommt das Franchising dem Gründen in Komponenten gleich, wie es etwa Prof. Faltin in seinen Vorträgen propagiert.
Der Franchise-Nehmer konzentriert sich auf die Unternehmung und setzt bei der Organisation, dem Marketing und etwa auch dem Markendesign auf das Know-how des Franchise-Gebers.
Und welche Vorteile haben die Franchise-Geber?
Sie wachsen, ohne immer den gesamten Umfang selbst finanzieren und stemmen zu müssen. Ist ein Franchise-System gut, dann profitieren die Franchise-Geber und damit das gesamte System von den engagierten lokalen Franchise-Nehmern.
Im besten Falle ergibt sich eine Synergie: Marktmacht durch eine globale Marke, Marknähe durch die lokalen Franchise-Nehmer.
Außerdem ist es etwas anderes, ob man mit Angestellten oder aber mit Selbständigen arbeitet: Franchise-Nehmer sind Unternehmer und bringen eine ganz eigene Dynamik mit.
Aus Ihrer praktischen Erfahrung: Wer sind die typischen Gründer im Franchising?
In erster Linie sind es Unternehmer: Menschen mit Motivation und Energie, die selbständig eine Unternehmung aufziehen wollen. Doch hinzu kommen weitere Skills: Teamfähigkeit, Verkaufstalent und die Bereitschaft, sich aktiv in ein Netzwerk einzubringen. Denn genau das ist ein Franchise-System: ein Netzwerk.
Dabei muss man aber nicht unbedingt etwas vom Fach verstehen: Um einen Laden von Blume2000 zu eröffnen, muss man nicht Florist sein.
Etwa 80 Prozent aller Franchise-Nehmer sind branchenfremd. Und sie sind trotzdem erfolgreich.
Wir sehen das als Vorteil: So können auch Menschen selbständig werden, die das Unternehmer-Gen haben aber nicht einen bestimmten Beruf erlernt haben. Sie sind es auch, die häufig neue Wege gehen und Innovation in ein Handwerk bringen.
1.000 verschiedene Franchise-Systeme in Deutschland – wie finde ich als Gründer da das passende für mich?
Der erste und wichtigste Schritt: Man sollte wissen, was man will. Welches Geschäft interessiert mich, was befähigt mich, mit welchen Menschen will ich mich umgeben, wieviel Kundennähe wünsche ich mir – all die Fragen, die sich wohl jeder Gründer stellt.
Schritt zwei: Ich informiere mich über die Franchise-Systeme am Markt. Hier bietet der Deutsche Franchise-Verband eine Positivliste – alle bei uns genannten Anbieter sind auf Qualität geprüft.
Schritt drei: Nehmen Sie Kontakt mit dem von Ihnen ausgewählten Anbieter auf. Transparenz ist in unserer Branche besonders wichtig. Lassen Sie sich das Franchise im Detail erklären und zeigen.
Ich würde in kein System einsteigen, das seine Erprobtheit nicht dokumentieren und mindestens ein Pilotprojekt vorweisen kann oder wo ein Handbuch oder die Referenzliste fehlen.
Bevor man dann die Franchisegebühr zahlt, sollte man nochmal genau prüfen, ob man hinter dem System steht. Ob man wirklich davon überzeugt ist.
Bis zu 25.000 Euro Startgebühr und bis zu 15 Prozent des Netto-Monatsumsatzes gehen an den Franchise-Geber. Was bekommt man als Franchise-Nehmer als Gegenleistung?
In erster Linie Erfahrung und Knowhow. Im Prinzip ist das die Investition, die ein Gründer ansonsten als Lehrgeld zahlt, wenn er seine neue Idee und sein Konzept testet und pilotiert. Das Franchise-System hingegen ist bereits getestet.
Dann profitiert man auch von der starken Marke und von den umfangreichen Marketingmaßnahmen, die in einem System allein schon wegen der Größe meist effektiver sind. So hat man Zugriff auf Werbung, die man sich als Einzelkämpfer vielleicht gar nicht leisten kann. Aber auch zentralisierte Dienstleistungen wie die Buchhaltung werden angeboten.
Gibt es denn auch für Franchise-Nehmer staatliche Unterstützungsleistungen?
Es trifft uns wie die gesamte Gründerszene: Durch die Änderungen des Gesetzes zum Gründerzuschuss wird auch Franchise-Nehmern der Schritt in die Selbständigkeit erschwert. Wir merken ganz deutlich, dass die Arbeitsagenturen angewiesen sind, erst Arbeitslose unter allen Umständen in ein Angestelltenverhältnis zu pressen, bevor man einen Existenzgründerzuschuss bewilligt. Insofern sehen wir es als große Hoffnung, dass im Rahmen der aktuellen Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene das Thema Gründerzuschuss wieder diskutiert wird.
Zur Person Torben Leif Brodersen
Der studierte Politikwissenschaftler ist nach einigen Jahren in der Politik und Tätigkeiten bei Handels-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Franchise-Unternehmen seit Januar 2003 Geschäftsführer des Deutschen Franchise Verbandes und seit Juni 2008 Mitglied im Vorstand der European Franchise Federation und World Franchise Council.
Der Deutsche Franchise-Verband e.V. (DFV) hat sich 1978 als zentraler Repräsentant der deutschen Franchise-Wirtschaft gegründet und vertritt die Interessen der Franchise-Branche auf nationaler und internationaler Ebene. Durch die Überprüfung der Mitglieds-Unternehmen bei ihrer Aufnahme und die verbindlichen Richtlinien für faires Franchising stellt der Verband die Qualitätsgemeinschaft der Franchise-Wirtschaft dar.