Arbeitszeiterfassung Pflicht 2023 – das müsst ihr wissen
Die Arbeitszeiterfassung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, vor allem hat der Gesetzgeber neue Regelungen beschlossen, die auch Unternehmen zur genauen Arbeitszeiterfassung zwingt, die vorher nicht davon betroffen waren. Wie sieht das konkret in 2023 aus? Welche Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung müsst ihr aktuell umsetzen? Hier ein Überblick, um euch auf den neuesten Stand zu bringen.

Arbeitszeiterfassung Pflicht: Gesetzliche Situation 2023
Ja, es gibt eine Pflicht für Arbeitgeber, die Arbeitszeit ihrer Angestellten und Arbeitnehmer zu erfassen und zu dokumentieren. Allein das Wie und das Wer ist noch nicht abschließend geregelt. So sieht es aktuell aus:
Gemäß dem deutschen Arbeitszeitgesetz war bisher lediglich die Dokumentation von Überstunden und Sonntagsarbeit notwendig, nicht aber die komplette Arbeitszeit. Doch ein jüngstes Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 hat dies geändert: In Deutschland besteht jetzt die Anforderung, die gesamte Arbeitszeit systematisch zu erfassen.
Am 13.9.2022 hat das Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 1 ABR 22/21 festgelegt, dass Arbeitgeber in der Pflicht stehen, die Arbeitszeiten all ihrer Beschäftigten lückenlos aufzuzeichnen. Dieser Beschluss folgte der Entscheidung des EuGH zur Arbeitszeiterfassung vom 14.5.2019 (C -55/18 [„CCOO“]), laut welcher die Mitgliedsstaaten dazu angehalten sind, ein System zu schaffen, das objektiv, zuverlässig und zugänglich ist und das die tägliche Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers erfasst.
Am 18.04.2023 präsentierte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen ersten Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Mit diesem Schritt plant die Bundesregierung, genaue Regelungen zur Arbeitszeiterfassung zu definieren. Zahlreiche Fragen rund um den Entwurf sind allerdings noch ungeklärt. Eine gute Übersicht der aktuellen Rechtslage zur Arbeitszeiterfassung bekommt ihr beim BMAS.
Arbeitszeiterfassung Pflicht – Wen sie betrifft und Ausnahmen
Grundsätzlich gilt die Aufzeichnung der Arbeitszeit schon heute für alle, mit einigen Ausnahmen…
Kleine und mittlere Betriebe: Ausnahmen & Sonderregelungen
Der erste Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes macht zwar Sonderregelungen geltend – diese betreffen allerdings nur die Methoden der Zeiterfassung und nicht die zugrundeliegende Verpflichtung selbst. Somit sind alle Firmen, ob es sich um einen kleinen Handwerksbetrieb mit zwei Personen oder einen großen Konzern handelt, in der Verantwortung, die Arbeitszeiten der Angestellten festzuhalten und zu bewahren.
Die erwähnten Sonderregelungen fokussieren sich auf die Anforderung einer elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten, wie sie im aktuellen Entwurf dargestellt ist.
- Betriebe mit weniger als zehn Angestellten dürfen von dieser Regelung abweichen und können die Zeiten manuell festhalten.
- Bei kleineren und mittleren Betrieben sind Übergangszeiten vorgesehen.
Da die Gesetzesänderung noch in der Schwebe ist, bleibt abzuwarten, ob diese Bestimmungen schlussendlich in Kraft treten werden.
Arbeitszeiterfassung Pflicht – Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen
Es könnten bestimmte Berufsgruppen von der Arbeitszeiterfassung ausgenommen sein, sofern ihre Tätigkeiten nicht dem Arbeitszeitgesetz entsprechen. Hierzu gehören unter anderem
- Beamte,
- Soldaten,
- Chefärzte und
- leitende Angestellte (beispielsweise Führungspersonen in Geschäfts- und Abteilungsleitungen).
Für diese Gruppen sind die Vorschriften bezüglich Höchstarbeits-, Pausen- und Ruhezeiten nicht bindend, weshalb eine Arbeitszeiterfassung zur Kontrolle nicht notwendig ist.
Arbeitszeiterfassung – Digital oder als Exel-Datei
Bis jetzt gibt es weder von deutscher noch von europäischer Seite konkrete Vorschriften zu diesem Thema. Im Referentenentwurf des BMAS vom 18.04.23 steht, dass die Arbeitszeiten generell „elektronisch“ und „am Tag der Arbeitsleistung“ erfasst werden sollten. Allerdings sind auch Ausnahmen und Übergangszeiträume in Betracht gezogen. Spätestens mit der Umsetzung dieses Entwurfes in ein Gesetz, wäre dann die elektronische Arbeitszeiterfassung vorgesehen. Vielleicht solltet ihr deshalb schon euer System auf eine Zeiterfassungsapp umstellen.
Nach EuGH soll die Zeiterfassung „verlässlich, objektiv und leicht zugänglich“ sein sollte. Dabei wies das BAG in einem Urteil vom 13.09.2022 darauf hin, dass je nach Beruf und Unternehmen auch handschriftliche Aufzeichnungen ausreichend sein könnten.
Solange von der deutschen Gesetzgebung keine klare Regelung vorliegt, sollte das primäre Augenmerk darauf liegen, dass die Zeiterfassung „verlässlich, objektiv und leicht zugänglich“ ist. Möglich sind also die Erfassung
- mit Excel-Tabellen,
- die schriftliche Erfassung mit Stundenzetteln
- oder Onlineerfassung über spezielle Zeiterfassungs-Apps.
Die Frage, ob die Arbeitszeiterfassung tatsächlich, wie im Referentenentwurf vom 18.04.23 angegeben, „am Tag der Arbeitsleistung“ stattfinden muss, ist noch offen. Im aktuellen Mindestlohngesetz sind längere Zeitspannen festgelegt, genauer „bis zum Ende des siebten Tages nach dem Arbeitstag“ (§ 17 Abs. 1 MiLoG). Um dem Zweck der Zeiterfassung zu entsprechen, sollte diese allerdings möglichst nah an den tatsächlichen Arbeitszeiten liegen.
Mobile Arbeitszeiterfassung fürs Homeoffice
Unabhängig vom Arbeitsort müssen Arbeitszeiten erfasst werden – das betrifft sowohl die mobile Arbeit als auch das Arbeiten im Homeoffice. Da die Nutzung mobiler Arbeit zunimmt und es in diesem Bereich viele ungeklärte rechtliche Fragen gibt, sieht das BMAS vor, hierfür neue Gesetze zu erarbeiten.
Dürfen Arbeitnehmer die Arbeitszeit selbstständig erfassen?
Laut dem Urteil des BAG vom 13.09.2022 darf der Arbeitgeber die Dokumentation der betreffenden Arbeitszeiten an die Arbeitnehmer weitergeben. Allerdings muss er geeignete Schritte unternehmen, um die Aufzeichnungen der Arbeitnehmer auf mögliche Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu prüfen.
Bleibt Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich?
Bei der Vertrauensarbeitszeit bestimmen die Beschäftigten selbst ihre Arbeitszeit. Dabei baut der Arbeitgeber auf die Einhaltung sowohl der vertraglichen Abmachungen als auch der gesetzlichen Vorgaben bezüglich Höchstarbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten. Das Arbeitszeitmodell trägt deshalb den Namen „Vertrauensarbeitszeit“.
Obwohl die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023 in Kraft getreten ist, können Arbeitgeber nach wie vor flexible Arbeitszeiten gewähren. Allerdings sollten sie jetzt stärker darauf achten, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und ihre Beschäftigten darauf hinweisen, wenn das nicht der Fall ist.
Arbeitszeiterfassung Pflicht für Freelancer
Freelancer gelten als selbständig und haben daher keinen Arbeitgeber im klassischen Sinne. Das hat zur Folge, dass sie an Sonn- und Feiertagen arbeiten dürfen.
Sollten sie jedoch Mitarbeiter beschäftigen, fallen diese unter das Arbeitszeitgesetz. Für diese Angestellten gelten die üblichen Regelungen und Schutzbestimmungen.
Doch wer sich als Freelancer, etwa als App-Entwickler selbstständig macht, benötigt die Arbeitszeiterfassung dennoch. Schließlich müsst ihr euren Kunden eine Berechnungsgrundlage für eure Leistungen liefern – nicht selten erfolgt das in abrechenbaren Arbeitsstunden. Spezielle Zeiterfassungs-Apps helfen euch dabei, eure Arbeitszeiten projektgenau zuzuordnen.
Zeiterfassung im Handwerk – Stundenzettel
Typisch für die Zeiterfassung im Handwerk sind so genannte Stundenzettel – der Nachweis der Arbeitszeit eurer Mitarbeiter und gleichzeitig die Basis für die Rechnungsstellung über die erbrachten Leistungen bei eurem Kunden. In aller Regel füllen eure Mitarbeiter ihren Stundenzettel selbst aus.
Inhalte eines Stundenzettels
Folgende Daten müssen auf eurem Stundenzettel zu finden sein:
- Name des Mitarbeiters
- Datum des Arbeitstages
- Ort
- Auftraggeber
- Arbeitsbeginn und Arbeitsende
- Pausen
- Gesamtarbeitszeit
Auch wenn sie noch üblich und gültig sind: Stundenzettel auf Papier sind fehleranfällig, aufwändig in der Archivierung und in der Weiterverarbeitung. Einfacher und schneller geht es mit digitalen Stundenzettel, wie sie euch etwa mobile Stundenzettel-Apps und umfassendere Handwerkersoftware bieten.