Experte über Steuern in Dubai: Was ist dran am Mythos Steueroase? | 2024

Steuerexperte Dr. Christoph Juhn, Professor an der FOM Hochschule Bonn, erklärt, wieviel Steuern in Dubai man wirklich bezahlt und ob sich eine Firmengründung dort lohnt.

Steuern in Dubai? Die gibt es doch nicht, oder? – Ganz ohne Steuern geht es auch am Persischen Golf nicht. Aber: Die Steuern in Dubai sind sehr gering. Zur niedrigen Steuerbealstung gesellt sich ein dynamisch wachsender (Export-)Markt sowie und Zugang zur Golfregion, Nordafrika und Südasien.

Es ist also kein Wunder, dass es viele deutsche Unternehmen mit einem eigenen Standort in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zieht. „In Dubai eine LLC, Limited Liability Company, zu gründen, ist einfacher, als es auf den ersten Blick scheint“, weiß Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule. Der geschäftsführende Partner der Kanzlei JUHN Partner erklärt im Interview, wie es am besten klappt nund wieviel Steuern in Dubai wirkloich fällig werden.

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Die wichtigste Frage zuerst: Wie hoch sind die Steuern in Dubai wirklich?

Prof. Dr. Christoph Juhn: Tatsächlich gelten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Niedrigsteuerland. Rund 40 steuerbefreite Freihandelszonen ziehen ausländische Investoren an. Zudem verhindern zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen, dass Einkünfte, die im Land am Golf erwirtschaftet werden, in anderen Staaten ein zweites Mal besteuert werden.

Außerdem gibt es keinerlei Beschränkungen des Kapitaltransfers. Und im Gegensatz zu vielen anderen Ländern erhebt die Regierung auch keine Abgaben auf das Gehalt oder andere persönliche Einkünfte.

Ab den 2010er-Jahren haben die VAE allerdings damit begonnen, ihre extrem lockere Steuerpolitik zu überdenken. Um die Abhängigkeit vom Öl zu verringern und die Staatseinnahmen zu diversifizieren, führte die Regierung 2018 eine Mehrwertsteuer auf Konsumgüter und Dienstleistungen in Höhe von 5 Prozent ein. 5 Jahre später, im Juni 2023, folgte mit der Körperschaftsteuer eine erste Abgabe für Unternehmen.

Seit etwa einem Jahr müssen Firmen Steuern in Dubai zahlen: Ist das Auswandern immer noch attraktiv?

Juhn: Anders als beispielsweise in Deutschland, wo Kapitalerträge auf privater Ebene einem Steuerabzug in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag unterliegen, existiert eine solche Abgabe in den VAE nicht.

Seit etwa einem Jahr erheben die VAE lediglich eine Körperschaftsteuer von 9 Prozent, wobei die Abgabe nur für Firmen, die nicht in einer Freihandelszone operieren, eine Rolle spielt. Unternehmen, die im Mainland angesiedelt sind und hier Gewinne machen, die den Freibetrag von 375.000 AED (etwa 93.421 Euro) überschreiten, müssen auf diesen Teil des Einkommens 9 Prozent Körperschaftsteuer zahlen.

Im Vergleich dazu betrug die nominale Steuerbelastung hierzulande 2023 durchschnittlich 29,9 Prozent, wie eine Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie zeigt. Kein Wunder also, dass es Unternehmen an den Golf zieht. Laut der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer (AHK) sind derzeit etwa 1.000 deutsche Firmen in den VAE aktiv, wobei der Großteil davon Dubai als Hub nutzt, um in die gesamte Region und den Nahen Osten zu expandieren.

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Was macht Dubai als Standort zur Steueroptimierung interessant für Sportler, Künstler oder Influencer?

Juhn: Dubai ist aus steuerlicher Sicht auch extrem attraktiv für Sportler, Künstler und Influencer, da es keine Einkommensteuer, keine Kapitalertragsteuer und keine Vermögensteuer gibt. Zusätzlich profitieren diese Berufsgruppen von der stabilen politischen Lage, dem internationalen Netzwerk und der hohen Lebensqualität.

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Es lohnt sich also, als Influencer, Autor oder ähnliches für ein halbes Jahr dorthin zu ziehen und zu arbeiten, weil man so gut wie keine Steuern in Dubai zahlt?

Juhn: Um von den Steuervorteilen in den VAE wirklich zu profitieren, reicht ein kurzer Aufenthalt von sechs Monaten nicht aus. Wer in Deutschland etwa weiterhin eine Wohnung unterhält, gilt aus Sicht der Behörden weiterhin als unbeschränkt steuerpflichtig.

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Um keine Steuern in Dubai zahlen zu müssen, muss ich also dauerhaft dort wohnen und mich in Deutschland abmelden?

Juhn: Grundsätzlich gelten in der BRD Menschen als unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Daneben greift auch das Welteinkommensprinzip: Egal in welchem Land Einkommen generiert wird, es fallen hierzulande Abgaben an.

Zur Vermeidung der mehrfachen Besteuerung im In- und Ausland bestehen in der Regel bilaterale Abkommen. Ein solches Doppelbesteuerungsabkommen mit den VAE ist allerdings seit dem 31.12.2021 außer Kraft. Wer also uneingeschränkt von den steuerlichen Freiheiten profitieren möchte, muss den eigenen Wohnsitz und damit auch den Lebensmittelpunkt nach Dubai verlegen.

Was passiert mit meiner Krankenversicherung, meinem deutschen Konto, meinen Ansprüchen auf die Rente, wenn ich nach Dubai ziehe?

Juhn: Verlagert sich der Lebensmittelpunkt nach Dubai, hat das neben steuerlichen Auswirkungen auch rechtliche und/oder finanzielle Konsequenzen im Hinblick auf die Krankenversicherung, die Bankkonten oder Rentenansprüche. Ohne festen Wohnsitz in der BRD gibt es beispielsweise keinen Platz mehr in der gesetzlichen Krankenkasse.

Daher gilt es sich entweder um eine internationale Krankenversicherung oder um den Eintritt in das Gesundheitssystem vor Ort zu kümmern. Ein deutsches Bankkonto kann zwar weiterhin bestehen, allerdings sollte auf eventuelle Gebühren geachtet werden.

In Sachen gesetzliche Rente bleiben die Ansprüche bestehen, sofern regelmäßig und mindestens für fünf Jahre Beiträge eingezahlt wurden. Es ist also entscheidend, Beitragszeiten genau zu dokumentieren und sich mit den relevanten Regelungen zu beschäftigen, da das den Anspruch auf Rente und ihre Höhe erheblich beeinflussen kann. Das gilt natürlich auch für private oder betriebliche Rentenversicherungen. Die Details sollten hier mit dem jeweiligen Anbieter im Einzelfall geklärt werden.

Was muss ich beachten, wenn ich eine Firma in Dubai gründen will?

Juhn: Glaubt man dem Ease of Doing Business-Ranking der World Bank, erreichen die VAE bei der Antwort auf die Frage, wie einfach es ist, ein Unternehmen zu gründen und zu führen, aktuell Platz 16 von 190. Trotzdem gilt es einiges bei der Gründung einer Firma zu beachten.

Gefragt ist vor allem Gründlichkeit – und das beginnt bei der Vorbereitung. Neben einer klaren Definition der geplanten Geschäftsaktivität gilt es auch bei der Wahl des Firmennamens auf Korrektheit zu achten. Ähnlich wie hierzulande darf es beispielsweise nicht zu Verwechslungen kommen. Ebenfalls wichtig: die Wahl des Standorts. Während eine Ansiedelung in der Freezone Steuerbefreiungen bietet, wird hier die generelle Freizügigkeit eingeschränkt.

Im Mainland verhält es sich genau umgekehrt. Ab einer bestimmten Gewinnhöhe müssen Steuern in Dubai gezahlt werden: Es fallen 9 Prozent Körperschaftsteuer an. Allerdings ist die Standortwahl nicht auf bestimmte Industrie-Cluster beschränkt. Sind die Vorarbeiten abgeschlossen und das Initial Approval steht, wird der Gesellschaftervertrag unterzeichnet. Nun müssen Gründer lediglich noch eine Geschäftslizenz beantragen und die Firma beim Finanzamt registrieren.

Zusätzlich braucht es eine Establishment Card für Visa- und Arbeitsgenehmigungen, und für Mitarbeiter sind eine Labour Card sowie eine Registrierung beim Arbeitsministerium erforderlich. Handelsunternehmen sollten außerdem eine Import-Export-Nummer bei den Zollbehörden beantragen.

>>> Firma gründen in Dubai – Tipps, Fehler, Empfehlungen

Sie beraten zum Thema „Gründen in Dubai – Steuern sparen“: Was sind die größten Fehler, die Sie schon gesehen haben?

Juhn: Es gibt einige Stolpersteine in puncto Gründung, die es zu umschiffen gilt. Ein Beispiel für häufige Fehler sind Ergänzungen in Gesellschaftsverträgen. In Dubai laufen viele Prozesse standardisiert in arabischer Sprache ab.

So wird auch vorgegeben, was unterschrieben werden muss, wobei ergänzende Übersetzungen zulässig sind. Sollen hinterher noch Zusätze berücksichtigt werden, ist die Zusammenarbeit mit Steuerberatern und Rechtsanwälten essenziell.

Das gilt natürlich auch für Bereiche wie die Wegzugsbesteuerung, da viele Unternehmer fälschlicherweise davon ausgehen, dass eine Firmengründung in Dubai sie automatisch von allen Steuern befreit. Das ist jedoch nicht immer der Fall.

Neben Dubai sind auch andere Länder steuerlich interessant: Welche Vorteile bieten die jeweiligen Standorte?

Zwar sind die VAE im Wettbewerb mit anderen Niedrigsteuerländern für viele Auswanderungswillige attraktiv, allerdings bleiben auch einige europäische Länder interessant. Als Vorreiter gilt dabei weiter die Schweiz. Einzelpersonen treffen hier mit lokalen Behörden individuelle Vereinbarungen über Steuersätze.

Zypern und Malta locken damit, dass sie keine Abgaben auf ausländische Dividenden erheben. Jeder Standort hat spezifische Vorteile, die je nach geschäftlichen Zielen und persönlichen Umständen unterschiedlich gewichtet werden sollten.

Haben Sie noch einen Tipp für alle, die jetzt konkret über eine Firmengründung im Ausland nachdenken oder planen, ihren Wohnsitz ins Ausland zu verlegen?

Wer über eine Firmengründung im Ausland und/oder die Verlegung des eigenen Wohnsitzes nachdenkt, sollte sorgfältig planen. Vor allem in steuerlicher und rechtlicher Hinsicht birgt eine solche Entscheidung neben Chancen auch Herausforderungen.

Jedes Land, egal ob Dubai, Malta oder Paraguay, hat eigene Regeln. Also empfiehlt es sich unbedingt, Spezialisten zu konsultieren, die sowohl mit den Gesetzen des Herkunftslandes als auch mit denen des Ziellandes vertraut sind. Nur so lassen sich langfristig eine erfolgreiche Strategie für die Firma und ein Leben ohne unnötige Fallstricke aufbauen.

Weitere Informationen und Wissenswertes zum Thema Firma gründen in den VAE gibt es auf der Webseite der Kanzlei Juhn.

Zur Person
Prof. Dr. Christoph JuhnProf. Dr. Christoph Juhn ist Professor an der FOM Hochschule Bonn, Steuerberater und geschäftsführender Partner bei der JUHN Partner GmbH. Seine Schwerpunkte: Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationales Steuerrecht und Unternehmenstransaktionen.
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