Stress geht auf die Gesundheit: Warum Gründer es nicht übertreiben sollten
Was der Stress einer Unternehmensgründung mit euch machen kann, wie Gründer auch mal abschalten können, ohne dass es sich sofort nachteilig aufs Business auswirkt – das zeigt dieser Fachartikel.

Wer gerade sein eigenes Unternehmen gegründet hat, der kann oft über die gesetzlichen Vorgaben, die Angestellte vor zu langen Arbeitszeiten und zu vielen Überstunden schützen sollen, nur müde lächeln. Für ihn als Selbstständiger gelten die nicht.
Natürlich: Ihr als Gründer habt in der Regel mehr als genug damit zu tun, eure Firma richtig aufzustellen, bekannt zu werden, euch in einem umkämpften Markt zu etablieren und somit aus einem Startup ein stabiles Konstrukt zu machen, das sich dauerhaft rentiert. Dass da die eigene Freizeit nur äußerst selten zu ihrem Recht kommt, ist verständlich. Allerdings ist das auch nicht sinnvoll: Denn auch Gründer unterliegen den gleichen psychischen und physischen Faktoren, denen auch normale Arbeitnehmer unterliegen. Und sind damit wegen des stark erhöhten Stresses in der Startup-Phase noch viel stärker gefährdet, dem eigenen Körper zu viel zuzumuten.
Was der Stress einer Unternehmensgründung mit euch machen kann, wie Gründer auch mal abschalten können, ohne dass es sich sofort nachteilig aufs Business auswirkt – das zeigt dieser Fachartikel.
Was Gründerstress im Körper anrichtet
Schon 19 Uhr, dabei ist das Business Model Canvas noch nicht mal zur Hälfte ausgefüllt. Und dann wollte sich auch noch der Lokalreporter melden, der über Startups in der Region berichten will. Und die Telefonanlage muss noch eingestellt werden, die Umsatzsteuervoranmeldung muss raus und … Wem solche Sätze bekannt vorkommen, der weist auch meist schon einige Symptome auf, die aus zu viel Stress resultieren.
Zunächst einmal: Nicht jeder Stress ist schädlich für den Körper.
Im Gegenteil, in geringen Dosen kann dieser „Positive Stress“, auch Eustress genannt, dafür sorgen, dass ihr wacher und leistungsfähiger seid – also erst mal ein gewichtiger Vorteil für euer Unternehmen, weil länger und konzentrierter gearbeitet werden kann.
Problematischer wird es jedoch, wenn der „Negative Stress“, der Distress, zu stark wird. Wer also nachts nur noch fünf Stunden schläft und die restlichen 19 Stunden des Tages mit Arbeit füllt, bei dem nimmt der Stress Überhand. Doch auch das ist zumindest kurzfristig noch kein allzu großes Problem: Denn solange diesen Stressoren ausreichende Erholungsphasen folgen, kann der menschliche Körper auch mal einige Wochen mit einem stark gesteigerten Stressaufkommen umgehen, ohne dass er dies mit Folgeschäden quittiert.
Viele Gründer allerdings haben auch diesen Punkt bereits seit langem überschritten: Bei ihnen dauert der Stress nicht nur einige wenige Wochen, sondern gar Monate an und in Sachen Erholungsphasen sieht es düster aus. Und dann ist schnell der Punkt erreicht, an dem der Körper physisch und psychisch echte Probleme bekommt.
Stressbedingte Beschwerden:
- Leichte Schlaflosigkeit: Man braucht abends ewig lange zum Einschlafen, wird immer wieder nachts wach oder erwacht über einen längeren Zeitraum vor dem Wecker.
- Der Magen revoltiert und produziert zu viel Magensäure, was sich als Sodbrennen bemerkbar macht – gleichzeitig sinkt aber der Appetit.
- Das Immunsystem baut ab und der Körper wird anfälliger für Krankheiten.
- Das Gehirn wird vergesslicher und braucht auch für einfache Schritte längere Bedenkzeiten.
- Die Stimmung schwankt stark, man ist dauerhaft gereizt und verliert auch eher die Geduld.
- Der Blutdruck steigt, verstärkt wird das noch durch zu viel Kaffee oder Energy Drinks.
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, Stress ist als Gründer unvermeidlich“, werden nun manche vielleicht denken. Aber das ist bei sehr großem, lang anhaltenden Stress schlicht falsche Tapferkeit: Denn zu den Auswirkungen gehört auch, dass unter großem Stress die Leistungsfähigkeit rapide absinkt.
Im Klartext bedeutet das: Auch wenn ihr ein halbes Jahr nach der Gründung noch einen Gang höher schalten wollt, kann der Körper die entsprechende Leistung einfach nicht mehr abrufen, mit entsprechenden Folgen fürs Unternehmen – ganz ähnlich wie bei einem Rennpferd, das schon viele Kilometer hinter sich hat und auf der Zielgeraden auch durch Sporen nicht mehr dazu zu bewegen ist, schneller zu rennen – die Grenze ist bei jedem Menschen unterschiedlich.
Stärkere Stressreaktionen:
- Aus der leichten Schlaflosigkeit wird die echte Unfähigkeit, zu schlafen – mit schlimmen Folgen für das Gehirn, denn das braucht zwingend die nächtliche Entspannung.
- Durch das andauernde Sodbrennen werden Magenschleimhaut sowie Schließmuskel und Speiseröhre angegriffen. Daraus entstehen im ersten Schritt schmerzhafte Magengeschwüre, die sich unbehandelt zu Magen- und Speiseröhrenkrebs entwickeln können.
- Durch den Schlafmangel wird unter anderem Gehirnmasse abgebaut, was die Konzentrationsstörungen weiter verstärkt und das Arbeitsergebnis leiden lässt.
- Die Stimmungsschwankungen werden zu starken emotionalen Überreaktionen: Jähzorn, Wutausbrüche und Überreaktionen auf kognitive Reize wie Licht oder Lärm.
Und hier wird es dann nicht nur schädlich, sondern wirklich teilweise lebensgefährlich: Denn wenn diese Faktoren alle zusammenkommen, wird unter anderem das Herz überbelastet. Dann haben auch junge Gründer in den späten 20ern oder frühen 30ern ein extrem verstärktes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden.
Und selbst wenn die „Pumpe“ den Stress mitmacht, kann es auch sein, dass Ihr auf längere Sicht bei einem Psychotherapeuten landet: Ergodirekt schreibt nämlich, dass Menschen, die mit Belastungen kämpfen, schneller am Limit und dafür auch anfälliger für psychische Erkrankungen sind.
Das bedeutet: Wer jetzt schon nur noch an die Firma denkt und ansonsten kaum Freude und Ablenkung im Leben hat, der ist nicht nur oft ein Kandidat für Magengeschwüre und Herzinfarkte, sondern bekommt unter Umständen durch die Belastung auch richtige Depressionen. Und in der Summe kann das alles wiederum zum berüchtigten Burnout führen, der beileibe keine Wohlstandskrankheit ist, sondern ein echtes Problem. Denn wer einmal in dieser Grube steckt, kommt häufig als arbeitsunfähiges Wrack heraus – auch junge, vermeintlich leistungsfähige Gründer haben sich so schon kaputt gemacht.
Stress bekämpfen und trotzdem fürs eigene Startup leisten
Das ist die berühmte Gretchenfrage, denn Stress lässt sich prinzipiell nur auf zwei Arten bekämpfen:
- Stressvermeidung beseitigt vor allem die Ursachen des Stresses, also beispielsweise durch weniger Arbeit und mehr Freizeit.
- Stressbewältigung hingegen soll bei ansonsten gleich hohem Stressoren-Level deren Auswirkungen reduzieren.
„Dann doch Stressbewältigung“ werden jetzt viele sagen. Aber das ist auch nicht ganz richtig: Denn auch wenn jetzt jeder Gründer anfangen würde, Telefonate nur noch im Yoga-Sitz zu führen, würde das seinen Gesamtstress nicht gänzlich abfedern.
Um wirklich einen Ausgleich zu schaffen, müsst ihr also gegebenenfalls wirklich euer persönliches Arbeitspensum reduzieren und dafür die Freizeit vergrößern. Dazu stehen mehrere Optionen offen:
- Zunächst könnt ihr lernen, zu delegieren. Nicht alles muss vom Chef persönlich erledigt werden, das ist auch ein wichtiger Skill für spätere Phasen, in denen eure Firma wächst.
- Richtet euer Büro wohnlich und ergonomisch ein. Wie das geht, steht hier.
- Auch wenn das Budget knapp ist: Investiert beispielsweise für die IT in Fachleute, die euch die Arbeit abnehmen oder zumindest verkürzen.
- Wenn ihr zuhause seid, versucht, wirklich nicht mehr an Arbeitsprobleme zu denken. Widmet euch stattdessen dem Partner oder einem Hobby.
- Trefft euch regelmäßig mit Freunden, die nichts mit dem Startup zu tun haben und unterhaltet euch über das, was euch bewegt. Viel Stress entsteht auch, weil Gründer alles in sich hineinfressen und alle Last alleine auf ihren Schultern tragen.
- Wichtig für die Stressvermeidung ist es auch, sich nicht zu verzetteln. Natürlich geht in einem Jungunternehmen vieles drunter und drüber, aber gerade deshalb können auch viele Abläufe so optimiert werden, dass sie weniger Zeit und Arbeit erfordern. Allein dadurch kann schon Freizeit gewonnen werden – die auch als freie Zeit betrachtet werden muss und nicht als Möglichkeit, andere Arbeiten zu erledigen. Ein sehr gutes Tool bei dieser Organisation ist Trello – das zudem gratis ist. Aber: Grundsätzlich sollte auch die beste Organisation nicht zu Überorganisation führen, die dann von der anderen Arbeit abhält. Wie ihr herausfindet, wie ihr euer Zeitmanagement verbessern könnt, zeigt dieser Fachartikel: „10 untruegliche Zeichen dass Sie Ihre Zeit verplempern„.
Dabei ist der wichtigste Punkt, dass die Freizeit de facto gegenüber der Arbeitszeit ein gleichwertiger Gegenpol sein sollte. Da das in Startups aber oft nicht funktioniert, müsst ihr stattdessen auf der Arbeit dafür sorgen, dass der Körper die Erholung bekommt, die er benötigt: Dafür bieten sich klassische Entspannungsübungen geradezu an, denn sie dauern kaum eine halbe Stunde und lassen sich auch im Büro durchführen. Einige Anfänger-Übungen im Qi Gong findet ihr hier. Natürlich könnt ihr stattdessen auch Yoga machen oder autogenes Training oder den gerade so angesagten halbstündigen Power Nap. Wichtig ist nur, dass ihr versteht, dass der Körper zwingend seine Erholung braucht, um nicht nur dauerhaft volle Leistung zu bringen, sondern damit auch keine Langzeitfolgen entstehen, die euch verfrüht in die Rente bringen.