Onlinehandel mit Chancen – Maik Kästner von der IHK Chemnitz über Gründer in der Corona-Krise

Wie schwer ist das Gründerökosystem in Chemnitz von der Corona-Krise gebeutelt? Gibt es Gewinner und Verlierer? Wir haben wichtige Köpfe der Chemnitzer Gründerszene befragt.

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Auch Chemnitzer Unternehmer und Gründer hat die Coronakrise und der Shutdown erheblich getroffen. Wer ist gut durchgekommen, was muss dringend passieren? Gründerküche hat sich mit fünf der wichtigen Playern des Gründerökosystems Chemnitz unterhalten und ihre Perspektive auf die aktuelle Situation eingefangen.

Nach Dr. Mario Geissler von der TU Chemnitz und Business Angel Titus Lindl kommt heute Maik Kästner zu Wort. Beim ihm und seinen Kollegen der Industrie- und Handelskammer Chemnitz wurden in den vergangenen Wochen viele Unternehmer zur Krisenbewältigung beraten.

Wie haben Sie das Gründerökosystem seit der Corona-Zeit persönlich erlebt?

Das Chemnitzer Gründerökosystem hat die Krise ebenso unvorbereitet getroffen, wie den Rest der Unternehmerlandschaft auch. Die schnell umgesetzten Hilfsangebote des Gründerberaternetzwerks in Chemnitz waren jedoch für die Betroffenen eine große Hilfe. Neben den Telefon- und Online-Hilfestellungen der IHK wurde vor Ort z. B. sehr eng mit der CWE, dem Gründernetzwerk Saxeed, der HWK, Sparkasse Chemnitz oder auch dem TCC zusammen gearbeitet. Mit zunehmender zeitlicher Dauer und weiteren Beschränkungen zeichnete sich immer stärker ab, dass die Gründer und Startups nicht die gleichen Sorgen hatten wie die etablierten Unternehmer. Darauf mussten wir reagieren. Von Vorteil war, dass die Startupszene in allen Bereichen der Digitalisierung (mobiles Arbeiten) schnell und flexibel auf die neuen Bedürfnisse reagierten konnte. Das zeigte sich im persönlichen Erleben und tagtäglichen Handling mit den Anfragenden.

Gibt es Gründungen, die aufgrund der Viruskrise und den Folgen ihre Pläne einstellen oder verschieben mussten?

Natürlich gab es solche Fälle. Eine Reihe von Gründern und Jungunternehmern sind auf der Suche nach konkreten Informationen und finanziellen Hilfen auf die IHK zugekommen, um unserer Beratungsangebote wahrzunehmen. In erster Linie handelte es sich um Gründer aus dem Dienstleistungssektor oder der Gastronomie. Hier hatten die Kontaktbeschränkungen einen sofortigen Stopp bzw. eine starke Einschränkung der Geschäftstätigkeiten zur Folge.

Was sind die drängendsten Probleme der Gründer?

So vielschichtig die Gründerszene ist, so unterschiedlich sind auch die Problemlagen. Deshalb lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten. Für uns als IHK Chemnitz war wichtig, dass wir uns jedem Fragenden angenommen haben. Manchmal war nur ein geduldiger Gesprächspartner zur Spiegelung der eigenen Situation nötig, oftmals half auch die Kontaktvermittlung zu den Ministerien, SAB und anderen Institutionen, um Probleme zu lösen.

Gab es auch Branchen oder Gründungsideen, die aus der Krise erwachsen sind?

Komplett neue Branchen sind bisher nicht entstanden, aber gerade für Gründer im Bereich des Onlinehandels stellte die Krise durchaus eine Chance dar, da besonders viele Menschen ihre Einkäufe über digitale Angebote abwickelten. Auch Anfragen von Gründern und Unternehmen, die mit der Herstellung von Schutzausrüstung zur Krisenbewältigung beitragen wollten, haben uns regelmäßig erreicht. Wir haben dann die Kontakte zu den zuständigen Stellen vermittelt und über neu geschaffene Förderprogramme informiert.

Sind die staatlichen Rettungspakete für Gründer ausreichend? Wo sehen Sie dringend Nachbesserungsbedarf?

Rettungspakete sind gut, aber in der Regel nie ausreichend. Es wird immer Gründer geben, die „mehr“ benötigt hätten. Die Erfahrung der letzten Wochen hat jedoch gezeigt, dass die Gespräche und das beständige Wechselspiel der Diskussionen zwischen Wirtschaftsvertretern und der Politik zu einem umfangreichen Maßnahmenpaket geführt hat. Wir sind deshalb guter Hoffnung, dass aus dem in Sachsen zugesagten 2 Milliarden Euro Startup-Rettungspaket zeitnah nachhaltige Maßnahmen festgelegt werden, die den Gründern unter die Arme greifen und in der schwierigen Zeit helfen.

Welche Chancen sehen Sie für das zweite Halbjahr 2020 für Gründer?

Die Rahmenbedingungen für Gründer haben sich nicht maßgeblich geändert. Es gibt die gleichen Chancen und Risiken wie vor der Krise. Gründer sehen gewöhnlich ein Marktpotential oder haben Ideen für ein völlig neues Produkt. Dann begeben sich dann auf den Weg der Umsetzung. Sicherlich werden nicht die gleichen Konzepte, wie vor der Krise aufgebaut, aber gerade die Gründerszene beweist ja immer wieder, wie flexible sie ist.

Sind Startup-Events wie die Gründerwoche 2020 in Gefahr?

Wir sind derzeit in Diskussionen darüber, wie das Format aussehen kann. Letztlich hängt das natürlich davon ab, ob sich der Alltag bis in den Herbst hinein normalisieren wird oder nicht. Fest steht allerdings schon heute, dass es keine klassische Gründerwoche wie in der Vergangenheit geben wird, sondern eher eine Mischung als LIVE und Onlineangeboten. In der Krise sind die Chemnitzer Gründerberater schnell auf digitale Formate umgestiegen, diese Erfahrung wollen wir dafür nutzen.

Wie gut ist das Gründerökosystem Chemnitz für solche Krisen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen vorbereitet?

Auf die Corona-Pandemie mit ihren massiven Auswirkungen auf Wirtschaft und öffentliches Leben war wahrscheinlich niemand vorbereitet und damit hat auch niemand gerechnet. Um fundiert bewerten zu können, inwieweit unsere Gründer auf Krisen vorbereitet sind, müssen im Nachgang die Zahlen und Statistiken im Einzelnen ausgewertet werden. Der erste Eindruck scheint aber positiv zu sein. Das Gründerberaternetzwerk hat flexibel reagiert und Gründer sind generell „Problemlöser“. Als hilfreich hat sich auch erwiesen, dass die Kammern in ihrem Informationsangebot seit Jahren präventive Maßnahmen, wie bspw. den Notfallkoffer für Unternehmer anbieten.

Zur Person: Maik Kästner

Maik Kästner ist Referent für Technologie und Innovation bei der Industrie- und Handelskammer Chemnitz. Ob autonomes Fahren, 3D-Druck oder künstliche Intelligenz – mit ihm lassen sich Themen der Zukunft entwickeln.  In seiner Funktion berät und unterstützt er Startups auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Die IHK Chemnitz bietet gerade für zukünftige Existenzgründer ein breites Portfolio an Beratungsleistungen an. Regelmäßig laden zudem Veranstaltungen, wie Erfindererstberatung, CE-Kennzeichnung oder Technologiestammtische dazu ein, in den gemeinsamen Austausch zu treten.

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