Digitale Praxisorganisation für Ärzte – so funktioniert es
Gerade die Corona-Pandemie hat es uns gezeigt: Arztpraxen werden durch digitale Lösungen entlastet. Beratungstermine online buchen, per Videocall zumindest ein kurzes Arztgespräch zu führen – das kann Wartezeiten und damit auch ein Infektionspotenzial reduzieren. Doch die Digitalisierung der Arztpraxis hat weitere Potenziale. Wie ihr sie ausschöpft und welche Tools ihr benötigt, erfahrt ihr hier.
Eine Liste der wichtigsten Tools und Services für die digitale Arztpraxis findet ihr in diesem Fachartikel: Tools für die digitale Arztpraxis. In diesem Text erklären wir euch, welche grundsätzlichen Möglichkeiten zur Digitalisierung euer Praxis ihr habt und welche Vorteile euch das bringt.
In Zeiten der Digitalisierung stellen immer mehr Ärzte ihre Praxisorganisation um und setzen zunehmend auf digitale Tools. Dies untermauern Zahlen, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung KBV in ihrem „Praxisbarometer Digitalisierung 2019“ veröffentlicht hat. Demnach stieg der Prozentsatz unter den befragten Vertragsärzten, welche die digitalen Anwendungen innerhalb der Praxis als immer wichtiger betrachten. Im Vergleich zum Jahr 2018 stieg der Wert von 44 auf mittlerweile 63 Prozent.
Praxisorganisation mit nur wenigen Klicks
Die Digitalisierung hat längst dazu geführt, dass Berge an Unterlagen und dutzende Aktenordner in einer Arztpraxis heutzutage überflüssig geworden sind. Egal ob es um den Post- oder Rechnungseingang, die Archivierung von Patientenakten oder die Organisation von Verträgen geht – mithilfe der richtigen Software kann das hierfür benötigte Arbeitsaufkommen deutlich reduziert und praktischer gestaltet werden. Auf Basis einer sogenannten ECM (Enterprise Content Management) geht die Arbeit mit Unterlagen nicht nur schneller von der Hand, sondern optimiert zudem auch den dafür benötigten Zeitaufwand. Insbesondere aus rechtlicher Sicht ist so eine Software wichtig: da in Arztpraxen mit unterschiedlichsten Pharmaunternehmen kooperiert wird, müssen die Verträge stets aktuell sein. Ein entsprechendes und vor allem hochwertiges Tool erinnert bei Bedarf frühzeitig an anstehende Fristen oder auslaufende Verträge.
Auch die Patienten profitieren
Schneller, einfacher, bequemer – in erster Linie unterstützt die fortwährend zunehmende Digitalisierung zwar die Ärzte sowie das Praxispersonal, doch auch die Patienten profitieren. So trägt die verbesserte Praxisorganisation im Zuge der Digitalisierung dazu bei, dass neue Möglichkeiten der direkten Ansprache und Versorgung von Patienten geschaffen werden. Insbesondere hinsichtlich der Analyse von diversen Symptomen sowie der Diagnosefindung zeigen sich diese Vorteile. Dank der Vernetzung vieler Ärzte sowie medizinischer Verbände können digitale Datenbanken angelegt werden, anhand derer Diagnosen getroffen werden.
Noch besteht Nachholbedarf
Nur wenige Arztpraxen haben sich mittlerweile so gut aufgestellt, dass auch die Patienten rundum zufrieden sind. Laut einer weiteren Umfrage aus dem Jahr 2019 sind 86 Prozent der Patienten generell bereit, ihre Daten digital mit ihren jeweiligen Ärzten zu teilen. Dabei könnte die Integration einer App für Patienten der Praxis letztlich dazu beitragen, viele Abläufe zu beschleunigen. Ferner könnten Ärzte auch das Gesundheitsbild der Patienten mithilfe via App eingereichter Daten wie Blutdruck oder Gewicht im Auge zu behalten, ohne dass ein Termin in der Praxis nötig wird. Da der Verwaltungsaufwand für eine App nicht außer Acht zu lassen ist, schrecken viele Praxen bislang davor zurück.
Digitalisierung der Arztpraxis – So funktioniert es
Auch wenn es noch nicht flächendeckend soweit ist, mit der Digitalisierung könnte sich der Arztbesuch schon bald verändern. So könnte nach der Online-Buchung eines ärztlichen Beratungstermins sich der Patient von zu Hause aus per Video-Sprechstunde eine erste medizinische Konsultation vom Arzt abholen. Der Arzt hat über die elektronische Patientenakte Zugriff auf sämtliche Gesundheitsdaten des Patienten. Das Medikament wird per E-Rezept digital per Mail oder App verschickt und nach Beratung durch einen Apotheker über einen Chat bestellt. Ein Bote bringt das Medikament direkt nach Hause und eine Gesundheits-App erinnern an die pünktliche Einnahme.
Soweit das Zukunftsszenario aus Sicht des Patienten, aber was davon ist tatsächlich in der Medizinerwelt schon umsetzbar? Welche Tools könnten Ärzte heute schon nutzen? Hier eine Übersicht vieler Möglichkeiten, wie Ärzte ihre Praxisorganisation digital und zukunftssicher gestalten können.
Die Plattform apoHealth als Kompetenzzentrum der apoBank, beschäftigt sich mit dem digitalen Praxisalltag. In zwei PDFs liefert sie eine umfangreiche Anleitung für Ärzte:
Broschüre: Digitalisierung in der Praxis I
Broschüre: Digitalisierung in der Praxis II
Mehr als nur digitale Visitenkarte: Die Praxis-Homepage
Die allermeisten Ärzte haben eine Website, doch viele nutzen diese bisher nur eingeschränkt. Man findet dort die Adresse, eine Telefonnummer und wenn alles gut läuft auch die aktuellen Öffnungszeiten. Mehr aber auch nicht.
Rein technisch ist eine Homepage kein Hexenwerk, ihr benötigt eine Domain und dann könnt ihr mit einem Web-Baukasten die Seiten schnell und einfach selbst anlegen. Unter Umständen hilft es auch, ein so genanntes CMS zu nutzen – vor allem dann, wenn sich die Inhalte eurer Seite sehr häufig verändern.
Lesetipp: Die besten Webbaukästen im Test 2020
Bewertungs-Portale für Ärzte
Viele Bewertungsportale legen automatisch für nahezu alle Ärzte ein eigenes Profil an. Das heisst, ihr müsst wahrscheinlich gar nicht machen, und seid doch schon auffindbar. Doch wie alles, was nicht selbst gepflegt wird, ist zu erwarten, dass Informationen über euch lückenhaft oder sogar fehlerhaft sind. Das zumindest zu prüfen und eventuell auch zu ergänzen, solltet ihr auf eure Agenda setzen.
Es gibt einige direkt auf Mediziner spezialisierte Bewertungsportale, darunter www.arzt-auskunft.de sowie „Weiße Liste„. Eine komplette Liste der Bewertungs-Portale für Ärzte findet ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.
Weitere Infos bekommt ihr auch in unserem Fachartikel Übersicht Branchenportale: Hier lohnt sich euer Eintrag
Terminvergabe digitalisieren: Online-Terminbuchung
Ein echter Patientenwunsch: Online Arzt-Termine ausmachen sollte Standard werden. Dauernde Warteschleifen, Anrufe außerhalb der Öffnungszeiten etc: Für fast zwei Drittel aller Deutschen ist die Online-Terminvergabe das wichtigste digitale Angebot, das ein Arzt anbieten kann. Sogar 41 Prozent der Patienten über 70 Jahre wünschen sich einen solchen Service. Und auch für die Arztpraxis kann so ein Tool hilfreich sein: So wird das Personal nicht mit ständigen Anrufen und Terminfragen von der wichtigen Arbeit abgehalten.
Die auf online Terminbuchungen für Arztpraxen spezialisierten Anbieter wie Doctena oder Doctolib sind relativ teuer, aber dafür auch umfangreiche Lösungen. Preiswerter wird es etwa bei Jameda und Samedi. Eine detailierte Liste findet ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.
Video-Sprechstunde: Arztkonsultation aus der Ferne
Auch wenn viel über das persönliche Arzt-Patient-Verhältnis gesprochen wird – die Corona-Krise hat auch gezeigt, dass eine digitale Konsulation immer noch besser ist, als gar keine. Außerdem können Videosprechstunden Wartezeiten vermeiden, Versorgungslücken auf dem Land schließen und lange Wege für Patient wie Arzt ersparen.
Mobil eingeschränkte Patienten oder chronisch Kranke mit regelmäßigen Terminen können auf diesem Wege sehr gut betreut werden, empfehlenswert ist die Methode auch für postoperative Verlaufskontrollen, visuelle Verlaufskontrolle von akuten, chronischen und/oder offenen Wunden.
Voraussetzungen aber sind, dass der Patient vorher schon in einer persönlichen Konsultation beim Arzt war und … der Arzt darf über Video keine Diagnose stellen.
Es gibt einige auf Ärzte und Videosprechstunden spezialisierte Anbieter, etwa Viomedi oder Arztkonsultation.de – eine detailierte Liste findet ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.
Schaltzentrale: System für Praxisverwaltung
Besonders effizient wird die Datenverarbeitung in eurer Praxis, wenn all die verschiedenen Elemente zusammenspielen: Wird bei der Erstaufnahme die Patientenakte am Bildschirm geöffnet, taucht auch gleich der Anamnesebogen und der Einverständniserklärungen auf, falls benötigt erscheint der Laborschein, der dank der Patienten-Stammdaten schon vorausgefüllt ist. Terminfolgen werden automatisiert, ebenso Bestellprozesse und die notwendigen Dokumentation … man könnte das als die „digitale Reise des Patienten durch die Praxis“ verstehen.
Solche digitalen Workflows sparen Zeit und vermeiden Fehlerquellen in der Praxisorganisation, euer Praxispersonal wird durch standardisierte Prozesse geleitet … ein Uhrwerk quasi.
Ein Praxisverwaltungssystem (PVS) kann auch mit dem Telefon verschaltet werden und so unterschiedliche Anrufbeantworter-Texte steuern, kann eure Abrechnung optimieren, kann zur Erstellung eines Schichtplanes eingesetzt werden und Termine planen.
Um euch für das passende PVS zu entscheiden, solltet ihr alle gewünschten Funktionen überdenken, die meisten PVS sind in Modulen aufgebaut – ihr entscheidet also, was ihr zentral steuern wollt. Eine detailierte Liste findet ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.
Patientendaten – die papierlose Praxis
Auch die Anamnese, der ausgefüllte Bogen jedes neuen Patienten mit Stammdaten und Vorerkrankungen, kann digital erfasst werden – auch dafür gibt es Apps und Tools. Je nach Anbieter ist der Fragebogen mit Illustrationen und Grafiken ergänzt.
Außerdem könnt ihr auch Statistiken zur Patientenzufriedenheit usw. generieren, indem ihr eure Patienten mit einem zusätzlichen Fragebogen dazu anregt.
Tools wie Idana oder My Medax bieten das – was genau und welche Anbieter es noch gibt, lest ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.
Das Nachschlagewerk: Symtomcheck
Keiner kann alles wissen – auch die Götter im weissen Kittel nicht. Also, keine falsche Scham… mit diesen Apps und Infoseiten könnt ihr euch schnell weil digital über Krankheitsbilder und Symptome informieren, um eure Diagnose zu untermauern.
Übrigens: Eure Patienten googlen immer häufiger ihre Symptome selbst. Das nervt wahrscheinlich im Praxiszimmer, wenn ihr aber wisst, was da so im Internet steht, könnt ihr auf die mehr oder weniger passenden Patienten-Vermutungen auch besser reagieren.
Professionelle Datenbanken für Ärzte sind zum Beispiel Deximed und Amboss. Weitere Anbieter und ihre Features erfahrt ihr in unserem Fachartikel „Tools für die digitale Arztpraxis“.