Selbstständig machen als Zahnarzt – So eröffnet ihr eine eigene Praxis
Studium fertig, jetzt geht es an die eigene Zahnarztpraxis. Doch wie läuft der Prozess, sich als Zahnarzt selbstständig machen, wo bekomme ich eine Praxis und die Technik her und worauf muss ich bezüglich Behörden, Versicherungen usw achten? Ein Leitfaden zum selbstständig machen als Zahnarzt.

Schritt 1 Vorbereitungen für eure Zahnarztpraxis
Grundvoraussetzung, um euch als Zahnarzt selbstständig zu machen, ist ein abgeschlossenes Zahmedizinisches Studium.
Spezialisierungen – Perspektiven für erfolgreiche Zahnarztpraxis
Außerdem solltet ihr – und wird schon während eures Studium relevant sein – über eine mögliche Spezialisierung im Zahnarzt-Beruf Gedanken gemacht haben. Neben den bekannten Fachgebieten Kieferorthopädie, Oralchirurgie oder Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie könnt ihr euch auch auf Implantologie, Parodontologie, Ästhetik oder Kinder- oder Seniorenzahnheilkunde spezialisieren, außerdem könnt ihr noch Abschlüsse in Laserzahnheilkunde, Funktionsanalyse und computerunterstützter Zahnmedizin anstreben.
Ebenso wichtig wie die berufliche Spezialisierung ist auch die Entscheidung, ob ihr als Zahnarzt bestimmte Services anbieten wollt. Denkbar wäre etwa, neben den klassischen Kassenleistungen bestimmte Privatleistungen anzubieten. Ihr könntet euch aber auch auf eine konkrete Zielgruppe wie Kinder, Senioren oder Angstpatienten spezialisieren oder durch besonders arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten (etwa auch am Wochenende) punkten.
Diese konkreten Pläne werden sich deutlich in eurem Bedarf (siehe weiter unten im Businessplan) niederschlagen:
- Für Privatleistungen wie Zahnreinigung benötigt ihr spezielle Räume und Personal.
- Auch für Angstpatienten muss eure Praxis eventuell anders geplant und eingerichtet sein.
- Besondere Angebote benötigen auch spezielle Werbung bzw. Außendarstellung. usw
Viele wichtige Informationen zum beruflichen Alltag in eurer Zahnarztpraxis findet ihr bei der Bundeszahnärztekammer und bei den jeweiligen Landeskammern.
Schritt 2 Rechtliche Grundlagen für eure Zahnarztpraxis
Für die Niederlassung als Zahnarzt ist neben dem erfolgreich abgeschlossene Zahnmedizinstudium die Approbation.
Approbation – Die Erlaubnis zur Berufsausübung
Unter der Approbation versteht man die Genehmigung zur Berufsausübung von Ärzten, Zahnärzten, Apothekern, Tierärzten und Psychotherapeuten. Die Approbation berechtigt zur vollständigen und uneingeschränkten Tätigkeit als Zahnarzt und wird entsprechend der Approbationsordnungen erteilt. Wo ihr die Approbation beantragen könnt, erfahrt ihr in dieser Liste der Approbationsbehörden. Voraussetzung für die Approbation sind ein erfolgreich abgeschlossenes Medizinstudium und die bestandene ärztlichen Prüfung.
Zahnarzt ohne Approbation?
Grundsätzlich hat jeder Zahnarzt hat die Möglichkeit, auch ohne Kassenzulassung zu arbeiten. Dann dürft ihr aber keine gesetzlich krankenversicherten Patienten behandeln – bzw. könnt niemandem gegenüber diese Behandlungen in Rechnung stellen. Tatsächlich ist das wenig lohnenswert, nur ein sehr kleiner Teil der Deutschen ist privat versichert oder Selbstzahler.
Bauliche & Technische Voraussetzungen für eine Zahnarztpraxis
Auch das solltet ihr wissen: Um eine Zahnarztpraxis eröffnen zu können, müssen die Praxisräume ganz bestimmten Vorgaben entsprechen. Bauliche Vorgaben, Hygienevorschriften – da gibt es eine ganze Menge zu beachten und das ist zum Teil sehr detailiert vorgeschrieben. Hier in der PDF-Checkliste der Zahnärztkammer Berlin findet ihr alle wichtigen Vorgaben.
Schritt 3 Planung | Business- und Finanzplan für Zahnarztpraxis
Eine eigene Zahnarztpraxis zu eröffnen, ist eine finanzintensive Angelegenheit – die Kosten sind hoch. Deshalb solltet ihr sehr genau euren Businessplan und auch euren Finanzplan erstellen und mit realistischen Zahlen arbeiten, damit ihr euch nicht übernehmt. Schaut auf Schwachpunkte der bisherigen Planungen, prüft Entwicklungsmöglichkeiten und alle finanzielle Risiken.
Businessplan für eure Zahnarztpraxis
Zeit für alle Karten auf den Tisch also: Bevor ihr eine eigene Praxis gründet oder eine bestehende kauft, solltet ihr die Marktsituation prüfen und euch auch bewusst über eure persönliche Situation sein.
Zahnarztpraxis eröffnen: Markt- und Standortanalyse
Wichtige Fragen und die Recherche der Antworten darauf sorgen dafür, dass ihr nicht komplett ins Blaue hinein gründet:
- Wie ist die Einwohnerstruktur rund um eure zukünftige Praxis?
- Wie gut ist der Standort zu Fuß, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem Pkw zu erreichen? Gibt es ausreichend Parkplätze?
- Wie gut sind die Geschäftsräume von aussen sichtbar und können als Zahnarztpraxis wahrgenommen werden?
Ebenso wichtig wie die Fragen zum Standort ist eure technische Ausrüstung – ein besonders hoher Kostenfaktor bei der Zahnarztpraxis. Hier gilt es zu recherchieren:
- Welche Technik benötigt ihr als Standard?
- Muss die Technik angeschafft werden oder kann sie auch gemietet oder geleast werden?
- Was ist aktueller Stand der Technik?
- Welche Ausrüstung benötigt ihr über den Standard hinaus (etwa für Sonderleistungen, spezielle Zielgruppe usw)?
Im Falle der Praxisübernahme:
- Wie wertvoll ist die Marke bzw. der Kundenstamm und Ruf der bestehenden Praxis?
- Ist die Technik auf dem neuesten Stand oder muss zusätzlich investiert werden?
Übrigens: Ein Für-und-Wider zur Praxisübernahme statt Eröffnung einer eignen Praxis findet ihr in unserem Artikel
Weitere wichtige Fragen für den Zahnarzt-Businessplan
- Wie sieht die Konkurrenzlage aus, welche Praxen gibt es in der Nähe schon, welche Spezialisten wie Dentalchirurgen oder Dentalbüros kommen als Partner in Frage?
- Welche Versicherungen sind notwendig?
- Wie kommst du an Patienten? Auch hier unbedingt die Kosten aufstellen!
Lesetipp: Wie ihr einen Businessplan schnell und effektiv erstellt, erfahrt ihr in unserem Fachartikel Basics: In 7 Schritten zum Businessplan.
Finanzplan für eure Zahnarztpraxis
Die Antworten auf alle diese Fragen gibt euch ein grundsätzliches Bild, wie viel Geld ihr eigentlich benötigt, um eure Zahnarztpraxis zu eröffnen. Grundsätzlich könnt ihr von folgenden Kostenüberlegungen ausgehen:
Typische Kosten einer Zahnarztpraxis
Die überwiegenden Zahl aller Existenzgründer unter den Zahnärzten entscheiden sich für die Übernahme einer Einzelpraxis. Der Grund: Erstens suchen viele Zahnärzte Nachfolger, zweitens ist die benötigte Investition beim Kauf einer bestehenden Praxis (im Durchschnitt über 300.000 Euro) in der Regel geringer als bei der Neugründung (Investitionskosten von deutlich über 400.000 Euro).
Folgende Kostenarten solltet ihr in eurem Finanzplan kalkulieren:
- Immobilienkosten (Kauf oder Miete monatlich)
- Mietkaution
- Umbau und Renovierungskosten
- Medizintechnik
- Grundausstattung an Materialien / Lager
- Innenausstattung wie Mobiliar
- EDV-Anlage und Abrechnungssoftware
- Beratungshonorare
- Anwaltshonorare
- Weiterbildungskosten
bei einer Übernahme:
- Materieller Wert der Praxis
- Ideeller Wert des Unternehmens, etwa für Patientenkartei
- Anteil einer Laborgemeinschaft
Besondere Spezialisierung … höhere Personalkosten
Der wesentlichste Kostenfaktor eurer Zahnarztpraxis sind die Personalkosten. Die Personalkosten einer Zahnarztpraxis in Deutschland gemessen am Umsatz betragen zwischen 20 und 30%. Und: Je spezialisierter ihr euer Konzept gestrickt habt, um so besser ausgebildetes Personal (eventuell ebenfalls mit Sonderqualifikationen) benötigt ihr.
Hier könnt und solltet ihr auch nicht sparen: Qualifiziertes und motiviertes Arztpraxen-Personal ist Mangelware. Je nach eurem Standort kann es sogar sein, dass ihr höhere Gehälter zahlen müsst, um Mitarbeiter anzulocken.
Einnahmen aus einer Zahnarztpraxis
Grundsätzlich gelten Zahnärzte als die Gutverdiener unter den Medizinern. Laut den Zahlen des IWW Instituts machen Zahnarztpraxen im Durchschnitt 495.000 Euro pro Jahr. Dem stehen durchschnittlich 334.000 Euro Kosten gegenüber. Es bleibt also ein Gewinn von circa 160.000 Euro im Jahr.
Die richtige Liquiditätsplanung für Zahnarztpraxen
Klingt soweit nicht schlecht aber es wäre eine falsche Vorstellung, wenn ihr glaubt, der Betrag steht euch für die private Lebensführung zur Verfügung. Tatsächlich solltet ihr davon zu erwartende Neuinvestitionen stemmen, also auch einen „Liquiditätspuffer“ aufbauen.
Dauerhafte Liquidität eurer Zahnarztpraxis
Deshalb solltet ihr gleich zu Beginn eine realistische Aufstellung der Kosten / Einnahmen für den Businessplan erstellen und diese auch im Praxisbetrieb fortschreiben:
- Erstellt eine realistische Planungen für Umsatz, Kosten und Gewinn (zum Start am besten für die ersten drei Jahre je monatlich)
- Kontrolliert diese Planungen regelmäßig und aktualisiert sie anhand der tatsächlichen Zahlen.
- Prüft Soll und Ist dieser Planung.
- Ermittelt Kosten und Gewinn pro Einzelleistung und verzichtet eventuell auf unrentable Leistungen.
- Plant langfristig, wofür ihre Gewinn verwenden wollt.
- Vergleicht eure Zahlen mit öffentlich zugänglicher Daten (z. B. der KZBV-Jahrbücher).
Schritt 4 Organisation eurer Zahnarztpraxis
Grundsätzlich gilt: Da ihr weder beim Personal noch an der Technik erheblich sparen könnt, ist eine Umsatzsteigerung durch zwei Schritte möglich: Ihr könnt den Stundensatz eurer Leistungen erhöhen (geht nur bei privat bezahlten Leistungen und auch da nur begrenzt auf das, was eure Patienten bereit sind, zu zahlen) oder aber durch Effizienz jeder einzelnen Arbeitsstunde.
Schlüssel dafür: eine gute Praxisorganisation, die euch effektiv arbeiten lässt.
Tools zur Praxisorganisation
Ob Buchhaltung, Terminplanung oder Abrechnung, ihr solltet frühzeitig die passenden Tools prüfen, um euren Workflow so effektiv wie möglich zu halten und eure Arbeitszeit nicht unnötig durch Routinearbeiten zu belasten. Um euer Termin- und Patientenmanagement professionell aufzustellen, helfen euch Tools wie Doctolib.
Die „richtigen“ Mitarbeiter
Längst ist der „Krieg um Talente“ schon ausgebrochen – medizinisches Personal ist Magenware. Damit ihr motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter gewinnt und auch in eurer Praxis haltet, müsst ihr nicht nur ordentliche Gehälter zahlen. Ihr müsst auch ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem alle gern ihr Bestes Team geben.
Es gibt eine ganze Reihe von Weiterbildungen, Seminaren usw um eure Führungskompetenz und Teambuilder-Fähigkeiten zu stärken. Dies solltet ihr schon früh – am besten vor Gründung eurer Zahnarztpraxis ins Auge fassen.
Kooperationspartner: Kiefernchirurgen & Dentallabore
Der Arbeitsalltag des Zahnarztes ist mehr Teamarbeit, als es den Anschein hat. Selbst wenn ihr ein eigenes Labor betreibt… auch dort habt ihr es mit Spezialisten zutun, die ihr anleiten müsst. In der Regel aber werdet ihr mit einem Dentallabor zusammenarbeiten – und dessen Arbeitsqualität ist elementarer Bestandteil euer Kundenleistung. Also: Es gilt frühzeitig Kontakte zu Laboren zu knüpfen und Arbeitsproben zu testen.
Und wenn ihr nicht gerade selbst als Kiefernchirurg spezialisiert seid, werdet ihr in aller Regelmässigkeit euren Patienten Empfehlungen für den Spezialisten aussprechen müssen. Auch hier solltet ihr genau wissen, wen ihr empfehlt. Denn ein schlechter Tipp wird sich auch immer auf euer Patienten-Arzt-Verhältnis auswirken.
Schritt 5 Markting für eure Zahnarztpraxis
Tatsächlich werben Zahnärzte mehr als etwa Hausärzte für ihren Service. Insbesondere die Privatleistungen müssen ja auch an den zahlenden Patienten gebracht werden. Es gilt also, den richtigen Mix an Werbemitteln zu finden. Dazu kann auch gehören, als Sponsor des heimischen Sportvereins oder einer Kulturstätte zu erscheinen. Folgende Standards solltet ihr aber in jedem Falle erfüllen:
Eigene Website als Aushängeschild
Beinahe jeder Kunde, also auch jeder Patient, informiert sich über das Internet. Auch Bestandspatienten schauen dort nach Öffnungszeiten, informieren sich über Sonderleistungen oder suchen einfach nur die Telefonnummer. Ihr solltet also eine einfache aber funktionierende und am besten für Google optimierte Website erstellen (lassen). Ein paar Tipps findet ihr hier: Eigene Homepage in Planung? Diese 6 Möglichkeiten zur Website Erstellung gibt es
Google Places & Co
Eine Arztpraxis googlen führt in aller Regel zuerst auf den Eintrag bei Google selbst, dann auf die Website der Praxis. Also solltet ihr eure Einträge bei Google Business und Google Places entsprechend anlegen, bzw. aktuell halten. Der Eintrag bei Google MyBusiness (damit ihr dann auch auf der Google Maps Karte angezeigt werdet) ist kostenlos und recht einfach selbst anzulegen. Unsere Anleitung dazu findet ihr hier:
- Google MyBusiness Eintrag anlegen – In 10 Schritten
- Übersicht Branchenportale: Hier lohnt sich euer Eintrag
Branchenregister und Social Media
Neben Facebook, Instagram und Co. solltet ihr dann einschlägige Branchenregister nicht vernachlässigen. So könnt ihr eure Sichtbarkeit im Web verbessern. Hier die wichtigsten Kataloge & Branchenportale kurz vorgestellt.
Visitenkarten, Briefkopf und Co haben noch nicht ausgedient. Wie ihr eine Erstausstattung mit Geschäftspapieren kalkuliert, erfahrt ihr hier.