Selbstständig machen als Freelancer in fünf Schritten: Anmeldung, Steuern, Honorare und Akquise
Eine gute Geschäftsidee und ausreichend Motivation sind die zwei wichtigsten Grundlagen für eine Selbstständigkeit. Wie startet ihr als Freelancer? Wo müsst ihr euch anmelden? Wie könnt ihr ersten Kunden akquirieren? Wir zeigen euch hier, wie ihr als Freelancer erfolgreich startet.
Schritt 1: Anmeldung als Freelancer – Freiberufler versa Gewerbe
Manchmal sind Begriffe besonders wichtig: Während Freelancer keine juristische Definition ist, sind es Freiberufler schon… denn hier unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Freiberuflern (= tätig in einem freien Beruf) und Gewerbetreibenden, für die ganz andere Regeln gelten. Als Freelancer tätig sein könnt ihr sowohl als Freiberufler und als Gewerbetreibender.
- Freiberufler: Freiberufliche Tätigkeiten umfassen in der Regel künstlerische, wissenschaftliche, schriftstellerische, erzieherische oder lehrende Tätigkeiten.
- Gewerbetreibende: Ein Gewerbe beinhaltet das Angebot von Dienstleistungen oder Produkten.
Freiberufler sind keine Gewerbetreibende
Freiberufler müssen kein Gewerbe anmelden und auch keine Gewerbesteuer zahlen. Welche Tätigkeiten zu den freien Berufen gehören, findet man in §18 Einkommensteuergesetz. Dort aufgeführt sind die sogenannten Katalogberufe wie
- Ärzte,
- Rechtsanwälte,
- Apotheker,
- Künstler,
- Schriftsteller und Journalisten,
- Vortragende und Designer,
- Berater und Dozenten.
Befreit von der Gewerbeanmeldung sind auch alle, die sogenannte Urproduktion betreiben. Dazu gehören die
- Landwirtschaft,
- Viehzucht,
- Fischzucht,
- Fischerei und ähnliche Tätigkeiten.
Diese Liste der Freien Berufe ist nicht abschließend, Berufe, die ein ähnliches Berufsbild haben, werden ebenfalls zu den freien Berufen gezählt. Die Festlegung, ob ihr Freiberufler seid, erfolgt stets durch das Finanzamt. Im Zweifel müsst ihr also im Finanzamt nachfragen, ob eure angebotenen Leistungen als freier Beruf gewertet werden.
Selbstständig als Freiberufler: Vorsicht mit Scheinselbstständigkeit
Grundsätzlich müsst ihr darauf achten, dass ihr nicht in die Scheinselbstständigkeit rutscht. Dabei gilt, und das ist wichtig für euch in der Argumentation mit dem Finanzamt:
- Freie Mitarbeiter sind nicht in das auftraggebende Unternehmen eingegliedert.
- Sie sind nicht weisungsgebunden.
- Und sie können sowohl Arbeitszeit als auch den Arbeitsort selbst bestimmen.
- Entsprechend haben Freelancer generell mehrere Auftraggeber, die sie eigenständig akquirieren.
Anmeldung beim Finanzamt
Falls ihr als Gewerbetreibender unterwegs seid, müsst ihr vorher eine Gewerbeanmeldung beim zuständigen Gewerbeamt abgeben und diese dann ans Finanzamt senden (häufig passiert das auch automatisch vom Gewerbeamt zum Finanzamt). Hier bekommt ihr dann eure Steuernummer.
Freiberufler haben es leichter, sie brauchen den sogenannten „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“, den sie ans Finanzamt senden. In diesem Fragebogen werden beispielsweise Informationen zur Person abgefragt, zur geplanten Tätigkeit, den Einkommenserwartungen und anderen steuerlich relevanten Aspekten. Dieser erste Schritt ist grundlegend, um sich rechtlich abzusichern und Probleme mit dem Finanzamt zu vermeiden.
Je nach Rechtsform: Weitere Anmeldungen und Formalitäten
In aller Regel startet ihr als Freelancer in Form eines Einzelunternehmers. Solltet ihr euch aber für eine andere Rechtsform wie GmbH oder UG entscheiden, sind andere Wege zu gehen.
Schritt 2: Krankenkasse, Versicherungen & Steuern
Anders als bei festen Anstellungsverhältnissen trägt der Freelancer selbst die Verantwortung für seine Sozialversicherungsbeiträge. Das bedeutet, dass er auch nicht über einen Arbeitgeber krankenversichert ist, sondern sich eigenständig bei einer Krankenkasse anmelden muss. Eine wichtige Frage dabei ist es, ob man sich für eine private oder gesetzliche Krankenversicherung entscheidet.
Auch in Bezug auf die Rentenversicherung (könnte eventuell über die Künstlersozialkasse passen), Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung sollten Freelancer sich überlegen, inwieweit sie sich absichern möchten und gegebenenfalls eine Beratung diesbezüglich aufsuchen.
Die Mitgliedschaft bei der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) kann auch für Freelancer verpflichtend sein. Hier solltet ihr euch bei der DGUV erkundigen, welche BG für euch zuständig ist.
Wichtige Versicherungen für Freelancer
Außerdem solltet ihr euch auch gegen persönliche wie berufliche Risiken absichern. Folgende Versicherungen sind für jeden Selbstständigen sinnvoll:
- Berufsunfähigkeitsversicherung
- Betriebshaftpflicht
- Vermögensschadenshaftpflicht
- Rechtsschutzversicherung
Steuern zahlen als Freelancer
Grundsätzlich solltet ihr euch mit folgenden Steuerarten beschäftigen, die auf euch zukommen:
Umsatzsteuer
Ob ihr selbst Umsatzsteuer auf eure Leistungen draufschlagen und dann auch ans Finanzamt abführen müsst, hängt von der Höhe eures Jahresumsatzes ab. Ist der geringer als 22.000 Euro, könnt ihr die so genannte Kleinunternehmerregelung anwenden und könnt auf die Umsatzsteuer verzichten.
Falls ihr umsatzsteuerpflichtig seid, müsst ihr alle eure selbstständig erbrachten Leistungen mit 19 % bzw. 7 % ausweisen. Diese Steuer müsst ihr dann monatlich oder vierteljährlich (mit dem Finanzamt auszuhandeln) abführen. In eurer Umsatzsteuererklärung könnt ihr dann aber auch betriebliche Ausgaben (und die Umsatzsteuer dafür) gegenrechnen.
Einkommensteuer
In jedem Falle müsst ihr Steuern auf euer Einkommen zahlen, in aller Regel auch schon in Abschlägen im laufenden Betriebsjahr. Rechnet mit etwa zwischen 14 und 42 % eures Einkommens, der steuerliche Grundfreibetrag liegt bei 10.908 €.
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Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben. Freiberufler (also in den freien Berufen Tätige) sind nicht davon betroffen.
Anders Gewerbetreibende, sie zahlen Gewerbesteuer, der Gewerbesteuersatz variiert je nach Gemeinde. Einkünfte bis zu 24.500 Euro jährlich sind gewerbesteuerfrei, alles, was darüber hinaus geht, müsst ihr versteuern.
Buchhaltung für Freelancer
Freiberufler sind vom Prinzip nicht buchführungspflichtig. Hier reicht für eure Buchführung eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), die am Ende des Jahres die Gewinne den Verlusten (bzw. Ausgaben) gegenüber stellt.
Gewerbetreibenden Freelancer haben da unter Umständen schon mehr Aufwand: ab einem Umsatz über 500.000 Euro oder einem Gewinn von mehr als 50.000 Euro seid ihr dann zur doppelten Buchführung verpflichtet.
So oder so, ihr solltet eure Buchhaltung recht früh gut organisieren. Wir empfehlen euch dafür eines der Buchhaltungs-Tools, die euch bei der Erstellung sehr helfen und dafür sorgen, dass eure Erklärungen auch sinnvoll und möglichst vollständig sind.
Schritt 3 zum Freelancer: Honorare und Businessplan
Bevor man so richtig in die Selbstständigkeit startet, gilt es, eine umfangreiche finanzielle Planung durchzuführen. Mit Hilfe eines Businessplans lässt sich der finanzielle Verdienst vorab kalkulieren. Dabei spielt auch die realistische Berechnung des eigenen Honorars eine wichtige Rolle. In die Honorarberechnungen gehen sowohl Stunden ein, die für die konkrete Ausführung von Aufträgen benötigt werden, sowie indirekte Arbeitszeiten wie für Kundenakquise, Weiterbildungen und Papierkram. Ebenso muss bedacht werden, ob man den überwiegenden Teil der Aufträge allein ausführt oder sich auf die Suche nach qualifizierten Mitarbeitenden begibt.
Businessplan als Grundlage
Vor allem bei Aufgabenbereichen, die nicht ins eigene Fachgebiet gehören, macht es Sinn, sie outzusourcen. Ein Businessplan ist ein wichtiges Werkzeug für Gründer. Dieser Plan wird genutzt, um klare Ziele zu definieren, die Zielgruppe zu analysieren und das eigene Marktpotential realistisch einzuschätzen. Er gibt nicht nur dem Gründer selbst mehr Klarheit über Visionen und Strategien, sondern kann auch potenziellen Investoren und Kooperationspartnern einen guten ersten Einblick verschaffen.
Honorare: Wie viel verdienen Freelancer?
Solltet ihr euch zum Freelancer-Dasein entscheiden, weil ihr damit mehr Geld verdienen könnt, dann ist das nur die halbe Wahrheit: Im Vergleich zu Angestellten könnt ihr einen viel höheren Stundensatz fordern, allerdings habt ihr auch deutlich höhere Ausgaben. Deshalb sollte ein Freelancer deutlich mehr verdienen als ein Angestellter, um alle anfallenden Kosten zu decken und Rücklagen zu bilden.
Folgende Kosten solltet ihr (mindestens) in eurer Honorarberechnung berücksichtigen:
- Sozialversicherung
- Zusatzversicherungen
- Einkommenssteuer
- Lebenserhaltungskosten
- Krankheits- und Urlaubstage
- Versicherungen
- Buchhaltung
- Akquise und Vertrieb
- Marketing
- Geschäftsausstattung
- evtll. Umsatzsteuer
- evtll. Gewerbesteuer
In diesem Artikel haben wir euch die richtige Berechnung eurer Honorare aufgeschlüsselt: Honorar Freelancer, Freiberufler & Selbstständige: So berechnet ihr eure Honorare richtig
Um euren Kunden eine nachvollziehbare Abrechnung liefern zu können und um eure Arbeitsabläufe optimieren zu können – solltet ihr eine Zeiterfassung-App nutzen.
Schritt 4: Förderungen für Freelancer beantragen
Der Schritt in die Selbstständigkeit ist, je nach Aufgabengebiet, mitunter mit finanziellen Risiken und Aufwänden verbunden. Es gibt jedoch Förderungsmöglichkeiten und Zuschüsse, die den Start erleichtern können.
Besonders bekannt ist der sogenannte Gründungszuschuss, der vom Arbeitsamt gewährt wird. Er richtet sich hauptsächlich an Personen, die sich aus einer Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen möchten. Der Gründungszuschuss dient als finanzielle Brücke, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sich die Selbstständigkeit vollständig auszahlt.
Darüber hinaus gibt es aber auch regionale Förderprogramme von Ländern und Kommunen, die finanzielle Zuschüsse und kostenfreie Beratungen umfassen können. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stellt diverse Fördermittel für Existenzgründer zur Verfügung. Diese beinhalten zinsgünstige Kredite und Eigenkapitalbeteiligungen für Investitionen in Ausrüstung oder Technologie.
Der Start in die Selbstständigkeit muss nicht eigenständig gestemmt werden. Ein gut durchdachtes Finanzierungskonzept, das verschiedene Quellen einbezieht, beinhaltet ebenso staatliche Förderungen, die den Start erleichtern. Mehr dazu findet ihr hier: Leitfaden Gründer-Finanzierung | So bekommt ihr das Geld für den Start
Schritt 5 Marketing für Freelancer: Die ersten Kunden finden
Die Kundengewinnung ist direkt mit dem Erfolg eines Unternehmens verknüpft. Im Laufe der Zeit tragen Empfehlungen und Mund-zu-Mund-Propaganda idealerweise dazu bei, dass Kunden ganz von selbst ihren Weg finden. Bevor das der Fall ist, gibt es verschiedene effektive Strategien, um an Kunden zu kommen und erste Geschäftsbeziehungen aufzubauen:
- Erstellt eine professionelle Website, auf der euch und eure Leistungen sichtbar macht.
- Nutzt Businessnetzwerke wie Xing, LinkedIn usw, um euch zu vernetzen und online präsent zu werden.
- Content-Marketing kann dabei helfen, sich als Experte zu etablieren. Dazu gehören hochwertige Blogbeiträge, Whitepapers oder Tutorials.
Die Nutzung verschiedener Wege und Kanäle trägt dazu bei, die eigene Sichtbarkeit zu steigern und Beziehungen aufzubauen. Durch das kontinuierliche Netzwerken lassen sich weitere Geschäftskontakte knüpfen und bereits bestehende Verbindungen vertiefen.
Akquise: Wie kommen Freelancer an Aufträge?
Als Freelancer ist die wichtigste Aufgabe, neue Aufträge, Kunden und Partner zu akquirieren. Folgende Strategien sind hilfreich:
Geht zu Messen, Konferenzen und Networking Events
Erste Kontakte knüpfen, passiv Akquise betreiben – das geht auf Events. Gleichzeitig könnt ihr euch über den Markt und die Konkurrenz informieren und eventuell neue Produkte und Lösungen entdecken.
Direkte auch gern Kalt-Akquise genannt
Sehr unbeliebt, aber ohne geht es kaum: die direkte Akquise bei potenziellen Kunden, ob am Telefon, direkten Kontakt oder zumindest mit Mailings.
Empfehlungsmanagement & Mundpropaganda
Wer gute Arbeit leistet und den Auftraggeber überzeugen konnte, wird gerne weiterempfohlen. Doch ihr solltet diesen Punkt aktiv betreiben – denn viele Kunden denken einfach nicht daran, euch zu empfehlen. Kein böser Wille – sondern sie vergessen es. Fordert eure zufriedenen Kunden auf, euch weiterzuempfehlen. Nutzt GoogleBusiness, sammelt Testimonials für eure Website oder Social Media Kanäle.
Freelancer-Portale
Immer häufiger werden Jobs für Freelancer auf extra Portalen vermittelt. Der Konkurrenzdruck dort ist hoch – ihr solltet also darauf achten, euch dort nicht in einen Preiskampf zu begeben. Hier haben wir eine Übersicht über verschiedene Jobportale für Freelancer.
Fazit
Selbstständig und sein eigener Chef – das Prinzip Freelancer ist nicht nur verführerisch, sondern in vielen Branchen die Zukunft. Unternehmen können sich solche Spezialleistungen nach Bedarf einkaufen und die freien Unternehmer sind nicht ganz so gelangweilt von immer demselben Flyer. Allerdings geht die Selbstständigkeit als Freelancer auch mit Herausforderungen und (oft viel) Zusatzarbeit und Verantwortung einher. Diese solltet ihr im Blick behalten und gut organisieren.