Selbstständig machen als Heilpraktiker: So eröffnest du 2023 deine eigene Praxis
Heilpraktiker sind hoch im Kurs, doch die Gründung einer Heilpraktiker-Praxis ist nicht ganz ohne. Erfahrt hier die wichtigsten Dinge, die ihr braucht, um euch als Heilpraktiker selbstständig zu machen: von der Ausbildung über Genehmigungen bis hin zu Förderungen und Gewerbeanmeldung.

Wer eine Heilpraktiker Praxis eröffnen will, sollte neben dem Fachwissen – nachgewiesen durch die bestandenen amtsärztlichen Heilpraktikerprüfung – auch kaufmännisches und administratives Grundverständnis mitbringen.
Heilpraktiker behandeln Patienten aus einer ganzheitlichen Sichtweise und wenden für Diagnose und Therapie häufig Methoden der Naturheilkunde oder der Alternativmedizin an. Doch wie startet man als Heilpraktiker in eine erfolgreiche Selbstständigkeit? Was braucht man, um eine Heilpraktiker-Praxis zu eröffnen? Welche Genehmigungen sind erforderlich? Und vor allem: was verdient ein Heilpraktiker? Unsere Infos von der Ausbildung bis zum Start (Stand 2023)
Schritt 1: Heilpraktiker werden – von der Idee zur Planung -> Ausbildung & Praxis
Grundvoraussetzung: Die Heilpraktikerprüfung
Erst mit der erfolgreich bestandenen Heilpraktikerprüfung ist man berechtigt, als Heilpraktiker zu arbeiten.
Ausbildung: Zur Prüfungsvorbereitung gibt es entweder ein Fernstudium oder aber der Besuch einer Heilpraktikerschule. Denkbar ist auch ein Selbststudium – doch ihr benötigt fundiertes medizinisches Detailwissen, um die Prüfung zu schaffen.
Voraussetzungen für Prüfungszulassung: Ihr müsst mindestens 25 Jahren alt sein, mindestens einen Hauptschulabschluss vorweisen können und ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis sowie ein ärztliches Gesundheitszeugnisses vorlegen.
Abschluss: Mit der amtsärztlichen Überprüfung zum Heilpraktiker, kurz Heilpraktikerprüfung, garantiert ihr, dass ihr mit fundiertem Fachwissen und persönlicher Eignung den verantwortungsvollen Beruf des Heilpraktikers ausüben könnt. Die Prüfung wird zweimal im Jahr angeboten und hat einen schriftlichen und einen mündlichen Teil.
Empfohlen für eine eigene Heilpraktiker-Praxis: ausreichend Berufserfahrung
Wie jede Freiberuflichkeit solltet ihr auch auf eurem Wege zum Heilpraktiker Erfahrung sammeln, am besten bei einem Kollegen. Dort könnt ihr euch nicht nur fachlich sondern vor allem auch taktischen, kaufmännischen Rat holen: Wie funktioniert das Geschäft eines Heilpraktikers eigentlich, wie kann die Existenzgründung als Heilpraktiker gelingen?
Schritt 2: Businessplan für die Heilpraktiker-Praxis und ein klares Profil (USP!) erstellen
Keine gute Gründung kommt ohne einen irgendwie formulierten Businessplan aus. Auch wenn das in den Heilberufen keine Fähigkeit ist, die ihr automatisch mitbringt – oder gerade deshalb: Überdenkt euren Plan der Selbstständigkeit auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Wichtige Überlegungen für den Heilpraktiker-Businessplan
- Wie sieht die Konkurrenzlage aus, welche Heilpraktiker sind in der Nähe schon aktiv?
- Gibt es Praxen oder nur freie Heilpraktiker darunter?
- Wie häufig ist deine angestrebte Spezialisierung?
- Wie wird der Markt von den Fachverbänden eingeschätzt?
- Welche Immobilien würden sich für eine Praxis eignen, was sind die Kosten?
- Welche Ausstattung benötigst du – auch hier die Kosten?
- Welche Versicherungen sind notwendig?
- Wieviel Geld benötigst du für deine Ausbildungszeit?
- Wieviel Geld benötigst du (Unternehmerlohn!)? Wie ist dein Auskommen in der Anfangsphase gesichert, nicht zuletzt deine Krankenkassen-Beiträge? Was musst du mindestens einnehmen?
- Wie kommst du an Kunden? Auch hier unbedingt die Kosten aufstellen, für Webseite, Werbung, Marketing!
Lesetipp: Wie ihr einen Businessplan schnell und effektiv erstellt, erfahrt ihr in unserem Fachartikel Basics: In 7 Schritten zum Businessplan.
Klares Profil – Spezialisierung als Heilpraktiker
Fachliche Kompetenz als Heilpraktiker ist von großer Bedeutung – die meisten eurer Patienten werden auf Mundpropaganda begeisteter Patienten/Kunden zu euch kommen. Deshalb empfiehlt es sich auch, sich auf ein Gebiet der Heilkunde zu spezialisieren, beispielsweise Fach- und Behandlungsgebiete wie Akupunktur oder Hypnose. Ob, wie und welche Spezialisierung sich lohnen, wird unter anderem in diesem Heilpraktiker-Forum diskutiert.
So gibt es eine ganze Reihe von naturheilkundlichen Maßnahmen und Behandlungsformen wie
- Akupunktur
- Aromatherapie
- Blutegeltherapie
- Bioresonanztherapie
- Chiropraktik
- Homöopathie
- Kinesiologie
- Physiotherapie
- Phytotherapie.
Was und wie der Beruf des Heilpraktikers alles sein kann, erfahrt ihr auch in diesem ausführlichen Interview mit Beate Sanladerer, selbst praktizierende Heilpraktikerin und Dozentin an der Heilpraktikerschule Paracelsus.
Schritt 3: Praktische Schritte und Finanzen
Bei eurem Start 2023 als Heilpraktiker steht eine Grundsatzentscheidung an: Wollt ihr eigene Praxisräume eröffnen oder als mobiler Freelancer tätig sein? Die Vor- und Nachteile im Überblick.
Die eigene Heilpraktiker Praxis eröffnen
Vorteile – Argumente für eine eigene Praxis als Heilpraktiker:
- ihr müsst kein Gewerbe anmelden (und damit auch keine Rechtsform wählen), sondern lediglich die Freiberuflichkeit dem Finanzamt melden
- ihr müsst keine Gewerbesteuer zahlen
- ihr dürft eine vereinfachte Buchhaltung führen
- ihr habt einen eigenen Ort, einen festen selbst gestalteten Arbeitsplatz
- ihr seid unabhängig von anderen Unternehmern
- ihr bestimmt das Aussehen, die Einrichtung – und könnt eure Praxis zum Markenaufbau nutzen.
Herausforderungen einer eigenen Heilpraktiker-Praxis:
- die Kosten für Miete und Nebenkosten,
- eigenes Marketing, Internetseite usw.
- deshalb zusätzlich zum Fachwissen: Organisationstalent, kaufmännische und bürokratische Grundkenntnisse
- evtll. Personal/Personalkosten, etc.
Als Freelancer unterwegs
Freelancer ohne eigene Praxisräume haben Vorteile: Sie sparen sich die Kosten für die Räume. Aber die Akquise von Kunden ist auch schwieriger. Vielleicht lohnt es sich zumindest am Anfang, in einer vorhandenen Praxis auf freiberuflicher Basis zu arbeiten. Doch Vorsicht: Ihr müsst aufpassen, nicht in eine mögliche Scheinselbstständigkeit zu geraten.
Finanzplanung für Heilpraktiker
Auch wenn diese Unternehmung nicht Hundertausende an Finanzierung des Startes braucht – Geld braucht jedes Startup. Auch wenn es nur der Ein-Mann (oder Frau)-Betrieb ohne eigene Praxis ist. Deshalb: Beginnt mit einer Bestandsaufnahme eurer aktuellen finanziellen Situation. Wieviel Eigenkapital hast du, welche Finanzierungsmöglichkeiten kommen infrage.
Dabei hilft euch euer professionell ausgearbeiteter Businessplan: Er ist die Voraussetzung, um staatliche Finanzhilfen, die Bank oder private Finanziers (außer vielleicht Family & Friends) zu überzeugen.
Staatliche Gründungshilfen für Heilpraktiker
Folgende staatliche Finanzierung könnt ihr als Basis für eure Gründung beantragen:
Gründungszuschuss – Agentur für Arbeit: Ihr müsst einen ausgearbeiteter Businessplan vorlegen, Empfänger von ALG I sein, eure fachlichen und kaufmännischen Kenntnisse nachweisen und die Selbstständigkeit als Haupterwerb planen, dann könnt ihr diesen Gründungszuschuss beantragen. Mehr dazu findet ihr in diesem Fachartikel Gründungszuschuss 2023 richtig beantragen: In 10 Schritten zur Förderung.
Einstiegsgeld – Agentur für Arbeit: Empfänger von ALG II (Hartz IV), die die Selbstständigkeit als Haupterwerb planen, können diese Förderung beantragen. Auch hier ist der Businessplan wichtig. Dafür bekommt ihr 50 % der Regelleistung.
ESF Existenzgründungszuschuss – Landesbank: Bis zu 1.000 € monatlich und maximal 12.000 € jährlich beträgt dieser Zuschuss, der sich an alle, die nicht ALG I oder II empfangen, richtet. Hier ist der Businessplan zwingend erforderlich.
Die andere Seite: Was verdient man 2023 als Heilpraktiker?
Im Durchschnitt verdienen Heilpraktiker 2.600 € brutto im Monat. Auch hier klafft die Gehaltslücke zwischen Mann und Frau: Männliche Heilpraktiker verdienen im Schnitt 2.900 € brutto monatlich, Heilpraktikerinnen 2.600 €.
Grundsätzlich bestimmt oder verhandelt ein Heilpraktiker seine Gebühren selbst. Wichtig ist, dass ihr euch am Branchenüblichen orientiert. Da eure Patienten die Leistungen in aller Regel aus eigener Tasche bezahlen, vergleichen sie Preise und überlegen, ob sie sich die Behandlung leisten wollen. Übrigens: Fixiert ihr Leistungen und Gebühren nicht schriftlich, dann greift die Gebührenordnung für Heilpraktiker (GebüH).
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen in aller Regel keine Leistungen, private Krankenversicherungstarife decken zum Teil auch eure Angebote ab.
Auch für Heilpraktiker wichtiger: Ordentliche & regelmäßige Buchhaltung
Die wenigsten eurer Patienten werden bar bezahlen. Um den Überblick von Behandlungsterminen und Zahlungseingängen auf eurem Geschäftskonto zu behalten, müsst ihr eine ordentliche Buchhaltung führen. Eventuell müsst ihr auch Mahnungen versenden. Excel-Tabellen sind eine Lösung, die Arbeit deutlich vereinfachen könnt ihr euch aber auch mit einem Buchhaltungsprogramm, die es zum Teil schon sehr günstig und gut gibt:
- Buchhaltungssoftware – die beliebtesten 5 haben wir für euch im Überblick gelistet und getestet, inkl. Beschreibung und Preise.
- Buchführung mit Online-Tools: Unser Vergleich guter Buchhaltungsprogramme in der Cloud, inkl. Preise & Tipps.
Unsere Empfehlung für ein gutes Geschäftskonto für Heilpraktiker: FINOM Solo – das kostenlose Geschäftskonto für Freiberufler und Unternehmen in der Gründung Zum Angebot »
Schritt 4: Vorschriften, Genehmigungen und Absicherungen für Heilpraktiker
Freiberufler – Ohne Gewerbeanmeldung
Heilpraktiker ist ein Katalogberuf, in denen eine Freiberuflichkeit denkbar und möglich ist. Vor allem dann, wenn ihr in einer anderen Praxis Leistungen auf Honorarbasis erbringt. Der Vorteil der Freiberuflichkeit: Ihr könnt eine vereinfachte Buchhaltung nutzen und ihr seid nicht zu einer Gewerbeanmeldung verpflichtet, es fällt also auch keine Gewerbesteuer an.
Rechtsform & Freiberufler – Mit Gewerbeanmeldung
Gründet ihr aber ein Unternehmen mit einer Rechtsform (UG haftungsbeschränkt, GmbH, Partnerschaftsgesellschaft, Aktiengesellschaft, GbR usw), kommt ihr an einer Gewerbeanmeldung nicht vorbei. Das kann auch für Freiberufler gelten, und zwar dann, wenn ihr eigene Produkte verkaufen wollt.
Heilpraktikererlaubnis
Außerdem benötigt ihr eine Heilpraktikererlaubnis vom örtlichen Gesundheitsamt. Dazu wird es einen mündlichen und schriftlichen Test geben. Wenn ihr eine Praxis eröffnet, benötigt ihr auch eine Zulassung durch die Landesverbände der Krankenkassen.
Versicherungen für Heilpraktiker
In Pflegeberufen wie dem Heilpraktiker tragt ihr große Verantwortung: Bereits eine kleine Unachtsamkeit kann eurem Patienten schaden, manchmal ist es gar nicht die falsche Behandlung sondern schlicht die nicht richtig erfragten und diagnostizierten Probleme eures Patienten, über die ihr stolpern könnt. Die Folgen können zum Teil sehr hohe Schadenersatzforderungen sein.
dUnd selbst wenn ihr nachweislich keinen Fehler begangen habt: Allein die Abwehr unberechtigter Ansprüche kostet euch Zeit und Geld. Eine spezialisierte Haftpflichtversicherung für Heilpraktiker von Hiscox hält euch den Rücken frei!
Übrigens: Für Mitglieder eines Berufsverbandes ist die Haftpflicht sogar eine Pflichtversicherung.
Schritt 5 – der Start als Heilpraktiker: Neukunden-Akquise, Werbung & Marketing
Kein Heilpraktiker ohne Patienten. Anders als bei Ärzten, die in aller Regel schnell gefüllte Warteräume haben, müssen sich Heilpraktiker offensiver darstellen.
Regeln zur Werbung: Kein Heilversprechen
Doch Vorsicht: Ihr dürft kein Heilversprechen abgeben. Als selbstständige Heilpraktiker solltet ihr das Gesetz über die Werbung im Heilwesen (HGW) strikt beachten. Sonst riskiert ihr empfindliche Sanktionen. Die grobe Regel: Gebt kein Heilversprechen, Werbung darf nicht aggressiv sein, der Anschein unlauteren Wettbewerbs ist zu vermeiden.
Eine professionell wirkende Website, Inserate in eurer lokalen Zeitung sind klassische Mittel, euch bekannt zu machen. Auch die Einträge in Branchenregistern (z.B. Jameda) können sich lohnen. Potenzielle Kunden, die online nach Informationen suchen, landen häufig auf Bewertungsportalen. Diese sind immer wichtiger für euer wahrgenommenes Image – ihr solltet also diese Bewertungen im Internet im Auge behalten und falls nötig persönlich kommentieren.
Tipp: eigene Räume? Unbedingt bei Google My Business eintragen! Das geht sogar ohne eigene Webseite – und ist kostenlos! Ähnliches gilt für Yelp.
Natürlich lohnen sich auch klassische Werbemittel wie Flyer, Poster und Postkarten, um auf euer Angebot aufmerksam zu machen. Flyer sind super, um euer Angebot darzustellen – plant nicht nur gut die Inhalte und das Design, sondern auch, wie und wo die Flyer verteilt werden sollen.
Die beste Werbung sind wohl zufriedene Patienten, die in ihrem Umfeld eine persönliche Empfehlung für euch aussprechen.